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Steinmeier kritisiert finanzielle Überforderung von Kommunen

Mehr Digitalisierung in der Kommunalpolitik? Als ein Baustein könnte sie zur Entlastung Ehrenamtlicher beitragen, sagt der Bundespräsident. Es brauche aber weitreichendere Reformen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert Bund und Länder dafür, Kommunen finanziell zu überfordern. Ihnen dürften keine Aufgaben übertragen werden, ohne dass deren Finanzierung gesichert sei, sagte Steinmeier am Dienstag im Schloss Bellevue in Berlin vor ehrenamtlichen Stadt- und Gemeinderäten. Er forderte zugleich, einen Teil des Milliardenpakets für Infrastruktur und Klima zu nutzen, um Kommunen zu entlasten.

“Die Kommunen müssen von überflüssigem bürokratischem Aufwand befreit werden”, so Steinmeier. Dazu könne die Digitalisierung einen zusätzlichen Beitrag leisten. Bund und Länder sollten mehr darauf vertrauen, dass Kommunen manche Dinge besser in Eigenregie regeln könnten.

Der Bundespräsident dankte den Kommunalpolitikern: “Sie alle übernehmen freiwillig Verantwortung für die Zukunft Ihres Heimatortes.” Die Auswirkungen ihrer Entscheidungen seien direkt vor Ort spürbar. Die Bundeshauptstadt und selbst die Landeshauptstädte seien für die Menschen im Land weit weg, sagte Steinmeier. “Politik begegnet ihnen in Gestalt der Kommunalpolitik vor Ort.” Daher seien Kommunalpolitiker das “Wurzelwerk unserer Demokratie”.

Bei einer anschließenden Diskussion berichteten Kommunalpolitiker von Schwierigkeiten bei ihrer Arbeit. Vor allem lange Planungszeiten seien ein Problem und sorgten für Frustration in der Bevölkerung. Lange Diskussionen, die zögerliche Bewilligung von Geldern und komplizierte Planungsverfahren ließen die Menschen daran zweifeln, dass die Politik wirklich handlungsfähig sei.

Die Kommunalpolitiker bemängelten eine fehlende Wertschätzung ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Es liege in der Natur des Menschen, vor allem erst einmal Frust loszuwerden, sagte Stadträtin Lilli Fischer aus Erfurt (Thüringen). Wertschätzung erhalte sie vor allem zu Hause.

In einer aktuellen Studie der Hamburger Körber-Stiftung gab ein Viertel der befragten Kommunalpolitiker an, bereits Anfeindungen erlebt zu haben oder betroffene Kollegen zu kennen. 70 Prozent der Ratsmitglieder bewerteten die finanzielle Lage ihrer Kommune als schlecht oder sehr schlecht. Die Mehrheit fühlt sich von Bund und Ländern nicht ausreichend unterstützt (80 Prozent) und sieht sich durch wachsende Bürokratie in ihrer Arbeit eingeschränkt (86 Prozent).

Dennoch ist die Mehrheit der Befragten mit den Rahmenbedingungen ihres Ehrenamts grundsätzlich zufrieden (68 Prozent). 71 Prozent gaben an, ihr Amt gut mit Privatleben und Beruf vereinbaren zu können.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Christian Görke, forderte mit Blick auf die schwierige finanzielle Situation der Kommunen eine Teilentschuldung. Der Bund müsse Schulden von Städten und Gemeinden übernehmen. Auch sollten Kommunen größere Anteile der Einkommens- und Umsatzsteuer bekommen.