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Staatsbibliothek erwirbt 231 äthiopische Handschriften

Die Bayerische Staatsbibliothek spricht von einem Glücksfall. Das Haus erhält einen großen Neuzugang für seine Orientsammlung. Es geht unter anderem um Gebets- und Zauberrollen.

Der Bayerischen Staatsbibliothek ist es gelungen, eine umfangreiche Sammlung von 231 äthiopischen Handschriften für ihre Orientsammlung zu erwerben. Das außergewöhnliche Konvolut gehörte dem Historiker, Juristen und Privatsammler Karl Heinz Burmeister (1936-2014), wie das Haus am Dienstag in München mitteilte. Die Handschriften stammten zum größten Teil aus dem 19. Jahrhundert und bildeten eine wertvolle Ergänzung der bestehenden Sammlung äthiopischer Handschriften der Bibliothek. Diese sei nunmehr mit 414 Exponaten die größte ihrer Art in Deutschland.

Bei den Werken, deren Provenienz laut Mitteilung gut dokumentiert ist, handelt es sich überwiegend um religiöse Gebrauchstexte. Unter ihnen befinden sich demnach 92 Gebets- und Zauberrollen und eine Vielzahl von Handschriften mit liturgischen oder theologischen Texten. Auch kalendarische und astronomische Berechnungen seien darunter sowie ein kurzer Brief des äthiopischen Kaisers Johannes IV. von 1885 mit kaiserlichem Siegel. Das älteste Dokument sei 1693 entstanden.

Die Handschriften spiegelten nicht selten die theologischen und politischen Diskussionen zur Zeit ihrer Entstehung wider, heißt es. Insbesondere in der hagiographischen Literatur lasse sich erkennen, wie eng das äthiopische Kaiserhaus mit der dortigen Kirche verbunden gewesen sei.

Der Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie, Prinz Asfa-Wossen Asserate, begrüßte den Erwerb der Schriften: “Besonders in dieser Zeit, wo das kulturelle Erbe und das kulturelle Gedächtnis weltweit in vielfacher Hinsicht bedroht sind, ist es von überragender Bedeutung, äthiopisches Kulturgut zu schützen und es für die nächste Generation auch auf diese Weise zu bewahren.” Der Generaldirektor der Staatsbibliothek, Klaus Ceynowa, verwies darauf, dass viele Schriftdokumente, die heute in äthiopischen und eritreischen Kirchen und Klöstern lägen, stark bestandsgefährdet und nur sehr schwer zugänglich seien.

In der Staatsbibliothek haben den Angaben zufolge äthiopische Handschriften bereits seit 1571 ihren festen Platz. Mit der Übernahme der Bibliothek Johann Jakob Fuggers (1516-1575) fand die erste und heute zugleich älteste äthiopische Handschrift (14./15. Jahrhundert) der heutigen Sammlung ihren Weg nach München. Neben Handschriften zählen zur äthiopischen Sammlung der Bibliothek auch Drucke, darunter der erste bekannte äthiopische Druck mit beweglichen Lettern, der 1513 in Rom entstanden ist.