Wohlfahrtsverbände und der Flüchtlingsrat in Niedersachsen haben an die rot-grüne Landesregierung appelliert, existenzbedrohte Projekte für die Integration von Asylsuchenden weiter zu finanzieren. Weil diese Projekte keine Mittel mehr aus dem bundesweiten Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds mehr erhalten könnten, stünden sie ansonsten vor dem Aus, sagte die Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Kerstin Tack, am Freitag in Hannover: „Wir halten das für hochskandalös.“
Laut Tack richten sich die Projekte an besonders schutzbedürftige Schutzsuchende wie Frauen, queere Geflüchtete, Menschen mit Behinderungen und Minderjährige. Sie benötigten dringend solche Angebote. „Sie haben ihnen zu einem Großteil geholfen, hier zu anzukommen und die eigenen Rechte zu kennen.“ Ohne weitere Finanzierung drohten Hilfsstrukturen, die in zehnjähriger Arbeit aufgebaut worden seien, ersatzlos wegzubrechen. Dabei gehe es etwa um Frauenzentren in den fünf Erstaufnahme-Zentren Friedland, Bramsche, Braunschweig, Oldenburg und Osnabrück.
Nach Angaben der Vorsitzenden werden dem Land Niedersachsen aus Bundesmitteln für Asylfragen in den beiden nächsten Jahren rund neun Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die Verbände appellierten an die Regierung, damit zumindest einen Teil der Projekte fortzuführen. „Wir möchten das Land bitten, sich nach seinen Möglichkeiten zu engagieren und so viel wie möglich zu retten“, sagte Tack. Um die Aufnahme vulnerabler Gruppen zu unterstützen, hatten sich 2015 neun Organisationen zum Netzwerk „Aufnahmemanagement und Beratung für Asylsuchende in Niedersachsen“ (AMBA) zusammengeschlossen.
Die AMBA-Projekte hätten in den vergangenen drei Jahren zusammen rund 4,5 Millionen Euro gekostet, erläuterte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, Kai Weber. Unabhängig von der Diskussion um die Begrenzung der Asyl-Zahlen seien viele Menschen schon vor Ort und bereiteten sich in den Aufnahmezentren auf ihre Integration vor. „Sie sitzen teilweise bis zu 18 Monate in den Lagern. Es ist kurzfristig zu denken, man könne das ignorieren.“
Viele Abläufe in Deutschland seien für diese Menschen nicht selbstverständlich, etwa wie sie ihr Kind in der Kita anmelden könnten oder wie die Schule und das Gesundheitssystem funktionierten, sagte Weber. Hier bräuchten sie Hilfestellung. Nach Angaben der Verbände hat das AMBA-Netzwerk in den vergangenen drei Jahren unter anderem mehr als 700 Ehrenamtliche für diese Aufgabe geschult.