Gerichtlich ist die Berichterstattung des RBB über Vorwürfe, der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar habe Frauen sexuell belästigt, bereits teilweise untersagt. Jetzt beschäftigt sie auch die Sendergremien.
Der RBB-Rundfunkrat wird sich am 30. Januar in einer Sondersitzung mit der Berichterstattung des Senders über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar beschäftigen. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, Oliver Bürgel, am Donnerstag mit. Bereits am Mittwoch hatte sich der Programmausschuss des Rundfunkrats in einer nichtöffentlichen Sitzung mit dem Fall beschäftigt.
Mitte Dezember 2024 hatte der RBB über mehrere Frauen berichtet, die Gelbhaar sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten. Dabei hatte sich der Sender auf eidesstattliche Versicherungen gestützt. Schon in der vergangenen Woche musste der RBB Teile der Berichterstattung zurückziehen, weil Zweifel an der Identität einer der Frauen aufgekommen war, die die Versicherung abgegeben haben soll. Offenbar existiert diese gar nicht. RBB-Chefredakteur David Biesinger räumte bereits ein, dass journalistische Standards “nicht vollumfänglich eingehalten” worden seien.
Der Vorsitzender des RBB-Programmausschusses, Moshe Abraham Offenberg, sagte in einer von der RBB-Pressestelle verbreiteten Mitteilung, man wolle nun “Einblick in die Abläufe und Prozesse erhalten, die im Haus zu dieser Situation geführt haben”. Der Ausschuss habe daher empfohlen, “die Diskussion zur Causa Gelbhaar im Rundfunkrat fortzusetzen”.
Der Fall beschäftigt auch die Justiz. Bereits am Dienstag hatte das Landgericht Hamburg dem RBB untersagt, Teile seiner Berichterstattung über Gelbhaar weiter zu verbreiten. Die Voraussetzungen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung hätten nicht vorgelegen, so das Gericht. Weiter urteilte die Kammer, dass auch die anderen vom RBB als Beleg angeführten eidesstattlichen Versicherungen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür liefern könnten, dass Gelbhaar systematisch Frauen belästigt habe. Die Berichterstattung habe deshalb die Persönlichkeitsrechte des Politikers verletzt.
Die Wochenzeitung “Die Zeit” berichtete am Mittwoch, dass Gelbhaar Strafanzeige gegen zwei Personen erstattet habe. Ihnen werde Verleumdung, üble Nachrede und falsche Verdächtigung vorgeworfen. Eine der beiden Personen, die grüne Bezirkspolitikerin Shirin Kreße, hat mittlerweile ihre politischen Ämter niedergelegt und die Partei verlassen. Sieben andere Personen, die Vorwürfe gegen Gelbhaar geäußert haben, halten dem Bericht zufolge bisher aber an ihren Anschuldigungen fest. Was genau sie dem Politiker vorwerfen, ist bislang nicht bekannt.
Im Zuge der Anschuldigungen hatte Gelbhaar seine Kandidatur für die Landesliste der Berliner Grünen zur Bundestagswahl zurückgezogen. Die Kampfkandidatur um das Direktmandat im Wahlkreis Pankow, den er 2021 für sich gewinnen konnte, hatte er Anfang Januar verloren.