Nachhaltig lesen boomt. Bald will Buchgroßhändler Thalia gebrauchte Bücher in Läden annehmen. Konzernchef Kretzschmar erklärt zudem, warum er in Künstlicher Intelligenz eine Chance sieht – und in Tiktok einen Glücksfall.
Ausgelesene Bücher einfach weitergeben? Das soll im neuen Jahr auch in Thalia-Filialen möglich werden. “Schon bald wollen wir auch den Ankauf in den ersten Buchhandlungen testen”, sagte der Vorsitzende der Thalia-Geschäftsführung, Ingo Kretzschmar, der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Samstag). Bis Ostern wolle der Konzern erproben, wie sich dieses Modell flächendeckend umsetzen lasse.
Derzeit würden gebrauchte Bücher nur online angekauft: “Man scannt die Bücher über die Thalia App, dann bekommmt man den Preis genannt, den wir zahlen. Wer uns die Bücher dann schickt, erhält einen Thalia-Gutschein in entsprechender Höhe”, erklärte Kretzschmar.
Für die kommenden Jahre rechne er mit einem weiteren Sterben von Buchläden, sagte der Betriebswirtschaftler. “Es wird in zehn Jahren leider weniger Buchhandlungen geben als heute – aber noch genügend, um die kulturelle Vielfalt in den Innenstädten aufrechtzuerhalten.” Für viele Menschen seien Cafés und Buchläden in den Innenstädten “auch ein Zufluchtsort und sozialer Treffpunkt.”
Den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sehe er als Chance, fügte Kretzschmar hinzu. “Wichtig ist eine Kennzeichnungspflicht. Der Leser soll entscheiden, ob er Bücher will, die mit KI-Hilfe oder ganz von einer KI erstellt wurden.” Je mehr Texte jedoch automatisiert entstünden, desto wichtiger würden “Menschen, die Orientierung bieten. Genau das ist unser Job als Buchhändler.”
Aufpassen müsse die Branche seines Erachtens beim Phänomen New Adult, “dass wir das Rad nicht überdrehen. Wir merken jetzt schon, dass es beispielsweise weniger neue klassische Kinder- und Jugendbücher gibt.” Indes sei bei literarischen Klassikern verstärktes Interesse zu bemerken, sagte der Experte. “Vor allem bei Instagram ist das Wiederbeleben von Klassikern ein großes Thema.”
Grundsätzlich wünsche er sich weniger Urteile über Leserinnen und Leser. “Wir haben zehn Jahre lang darüber geklaft, dass uns die Kunden wegsterben. Jetzt kommen endlich wieder junge Menschen in die Buchhandlung, aber statt sich darüber zu freuen, werden ihre Bücher von Kritikern zerrissen.” Dabei liebe die “vermeintliche digitale Generation” gedruckte Bücher, so Kretzschmar: “Tiktok ist für die Buchbranche ein Glücksfall.”