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So gelingt Demokratie

Eine Frage taucht aus der Versenkung auf: Ist die Demokratie der Weisheit letzter Schluss? Wenn alle mitreden dürfen? Die Bedenken sind verständlich – aber es gibt keinen besseren Weg

Sind die Leute dumm? Zurzeit wird diese Frage wieder lauter. Phänomene wie Fremdenfeindlichkeit, Populismus und Brexit lassen so manchen Beobachter der politischen Landschaft aufstöhnen: Ist das Volk überhaupt fähig, die richtigen Entscheidungen zu treffen?
Die Demokratie – die Herrschaft des Volkes – ist ein Pfeiler der modernen Gesellschaftsordnung und neben den Menschenrechten ihr Grundpfeiler. Allerdings gab es von Anfang an auch immer ein Rest von Misstrauen dagegen.
 Schon ihre Erfinder, die alten Griechen, wären nicht im Traum darauf gekommen, die große Masse abstimmen zu lassen. Das „Volk“, das war nur die Gruppe der freien Bürger – die, die sich selbst ernähren konnten und eine gewisse Bildung hatten. (Frauen und Sklaven zählten nicht dazu.) Und auch heute, in der Bundesrepublik Deutschland, sieht die Verfassung nur eine stark eingeschränkte Beteiligung des Volkes an Gesetzgebung und Regierung vor (so genannte repräsentative Demokratie); die Erfahrung, wie sehr ein ganzes Volk irren kann, war nach dem Zweiten Weltkrieg noch frisch.
Dennoch gibt es zur Demokratie keine Alternative. Und das nicht nur, weil sie sich aus unserem Menschenbild heraus ergibt (alle Menschen haben die gleiche Würde). Sondern auch, weil Jahrtausende menschlicher Erfahrung zeigen, dass jeder andere Versuch, ein Gemeinwesen zu organisieren, noch viel anfälliger dafür ist, die Menschen in die Katastrophe zu führen. „Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen“, soll der frühere britische Premierminister Winston Churchill sinngemäß gesagt haben, „aber es gibt keine bessere“.
Was muss man dann aber tun?
Es kommt darauf an, das Volk zur Demokratie zu befähigen.
• Bildung stärken. Bildung ist kein Garant, aber eine notwendige Voraussetzung dafür, Dinge zu verstehen, einordnen und beurteilen zu können.
• Sozialisation der Heranwachsenden verbessern. Geld, auch viel Geld, in die Kitas, Grundschulen, Sport- und Musikvereine und Familienhilfen stecken – hier wäre das Geld im Sinne einer Zukunftsinvestition wirklich sinnvoll angelegt.
• Politik erklären, immer wieder erklären. Offen, ehrlich. Ohne Schönfärberei.
• Die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich zurückfahren. Hier liegt ein schwerwiegender politischer Fehler der westlichen Gesellschaft: Wenn das Volk, der Souverän, nicht in großen Teilen am wachsenden Wohlstand beteiligt wird, kann niemand erwarten, dass es das auf Dauer klaglos schluckt. Irgendwann wird es knallen.
Seit Jahren weisen Beobachter – auch diese Zeitung zählt sich dazu – auf die Gefahren hin, die sich in der Spaltung der Gesellschaft abzeichnen. Das, was uns wichtig ist für die Entwicklung unseres Gemeinwesens, muss neu geordnet werden.
Die gute Nachricht dabei ist: Noch ist es nicht zu spät. Noch sind wir in der Lage, einer weiteren unheilvollen Entwicklung entgegenzusteuern.
Wir müssten es jetzt nur langsam auch mal wirklich tun.