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Serbiens Opposition: Regierung setzt Schallkanonen gegen Demos ein

Sie gelten als Mittel der psychologischen und physischen Kriegsführung: sogenannte Schallkanonen. In Serbien sollen sie gegen friedliche Demonstranten zum Einsatz gekommen sein. Die Opposition spricht von Folter.

Serbiens Opposition hat am Mittwoch schwere Vorwürfe gegen die Regierung und die Polizei erhoben. Diese hätten durch den mutmaßlichen Einsatz von Schallkanonen bei Massenprotesten am Wochenende Menschenleben gefährdet, sagte die Oppositions-Abgeordnete Marinika Tepic. Ihren Angaben zufolge verfügen Serbiens Behörden über mindestens sieben solcher umstrittenen Geräte, die Folgeschäden verursachen können.

Seit mehreren Tagen diskutiert Serbien, ob bei den Protesten am Samstag mit Hunderttausenden Teilnehmern Schallwaffen zum Einsatz gekommen seien. In Videos ist zu sehen, wie demonstrierende Studenten in Belgrad binnen Sekunden eine Straße räumen. Sie berichteten über ohrenbetäubende Geräusche, vergleichbar mit denen eines Flugzeugs oder einer Rakete. Etliche Teilnehmer wurden serbischen Medien zufolge mit Hörproblemen im Krankenhaus behandelt.

Tepic sprach am Mittwoch von Folter. Sie veröffentlichte ein Foto, das ein Polizeiauto mit Schallkanone vor dem serbischen Parlament zeigen soll. Während Innenminister Ivica Dacic zunächst bestritt, dass Serbiens Ordnungskräfte über entsprechende Geräte verfügten, räumte er am Dienstag ein: Seine Regierung besitze seit 2021 mehrere sogenannter Long-Range Acoustic Devices. Zum Einsatz seien diese bislang jedoch nicht gekommen.

Seit Monaten gehen in Serbien Regierungsgegner auf die Straßen, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Als Auslöser gilt das Bahnhofsunglück von Novi Sad, bei dem im November 15 Menschen unter einem einstürzenden Vordach starben. Am Mittwoch nahm das Parlament formell den Rücktritt von Ministerpräsident Milos Vucevic an, den dieser knapp drei Monate nach dem Unglück angekündigt hatte.