Es sei eine Schande, wie Deutschland mit früheren Unterstützern aus Afghanistan umgehe, sagen Kritiker. Aktuell warten 2.000 Afghanen in Pakistan auf Ausreise nach Deutschland. Einige haben vor Gericht Recht bekommen.
In der Diskussion um die Aufnahme afghanischer Ortskräfte und Schutzsuchenden aus Pakistan hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass seit Mitte August 661 Personen aus Afghanistan in Pakistan festgenommen worden seien. Davon seien 248 bisher nach Afghanistan abgeschoben worden.
Das geht aus Antworten des Innenministeriums und des Auswärtigen Amtes auf Schriftliche Anfragen der Linksfraktion im Bundestag hervor, die den Tageszeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) vorliegen. Unter den abgeschobenen Afghaninnen und Afghanen sind nach Angaben der Bundesregierung 51 Ortskräfte, 124 Personen aus dem Bundesaufnahmeprogramm und 73 Menschen, die in weiteren humanitären Programmen nach Deutschland ausgeflogen werden sollten.
Zu den festgenommenen Afghanen teilt die Bundesregierung nun auf Nachfrage mit: “Bei über 300 der seit Mitte August festgenommenen Personen konnte die Bundesregierung eine Rückgängigmachung der jeweiligen Maßnahme erreichen. Die Bundesregierung steht dazu weiterhin im intensiven Kontakt mit der pakistanischen Regierung.” Derzeit würden “Einzelfallprüfungen” für alle Personen stattfinden, “die sich in den Aufnahmeprogrammen für afghanische Staatsangehörige befinden, ob die Kriterien einer Aufnahme weiterhin erfüllt sind”.
Wo nicht alle Voraussetzungen erfüllt seien, etwa die Sicherheitsüberprüfungen negativ verlaufen, “wird eine Aufnahme nicht stattfinden”, so das Auswärtige Amt. Menschenrechtsorganisationen wie der Verein “Kabul Luftbrücke”, aber auch die Opposition im Bundestag von Grünen und Linken hatten zuletzt deutliche Kritik am Umgang der Bundesregierung mit Schutzsuchenden Afghanen in Pakistan geübt.
“Es ist einfach nur schäbig, wie sich die Bundesregierung gegenüber den hochgradig gefährdeten Menschen aus Afghanistan verhält”, sagte Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger den Funke-Zeitungen. “Das vollmundig gegebene Aufnahmeversprechen der Bundesrepublik Deutschland soll nun offenbar in zahlreichen Fällen gebrochen werden”, hob Bünger hervor.
Mit Unterstützung der Organisation “Kabul Luftbrücke” haben Dutzende Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage aus Berlin geklagt und vor dem Verwaltungsgericht auch Recht bekommen. Das Gericht sah Deutschland in der Pflicht, ihnen Visa auszustellen. Auf diese Urteile gehen die am Montag erfolgten Einreisen zurück.
Das Auswärtige Amt teilt nun mit, dass 2025 von afghanischen Staatsangehörigen in Zusammenhang mit den Aufnahmeprogrammen Afghanistan “bisher circa 220 Verfahren wegen nicht erteilter Visa/Einreise vor den Verwaltungsgerichten eingeleitet” worden seien. In erster Instanz seien in 42 der Eilverfahren Beschlüsse zu Lasten der Bundesregierung gefällt worden, die Personen müssen nach Deutschland aufgenommen werden. In 24 Eilverfahren gab es demnach Zurückweisungen, vier Eilverfahren wurden eingestellt.
In zweiter Instanz hat das Gericht die Beschwerde der Bundesregierung in sechs Verfahren zurückgewiesen, in weiteren sechs Verfahren jedoch zu Gunsten der Bundesregierung entschieden. Aktuell warten mehr als 2.000 Afghanen im Rahmen der verschiedenen Aufnahmeprogramme in Pakistan auf eine Ausreise nach Deutschland. Dabei handelt es sich um sogenannte “Ortskräfte”, frühere lokale Mitarbeiter von Bundeswehr, Polizei oder Ministerien, aber auch um Menschenrechtsaktivisten und Anwälte. Viele afghanische Familien harren bereits Monate oder Jahre in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad aus.