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Schwer durchschaubarer Methodendschungel

Ob eine Psychotherapie Erfolg hat, hängt zu großen Teilen vom Therapeuten und seiner Ausbildung ab. Die Bandbreite der Methoden ist groß – von der Psychoanalyse bis hin zur Verhaltenstherapie. Es ist ratsam, sich vorher etwas zu informieren

Picture-Factory - stock.adobe.co

Als Kind hat der ständige Krach zwischen seinen Eltern Frank Bachler (Name geändert) sehr mitgenommen: Die Streitereien lasteten auf seiner Seele. In der Schule kam er mit den Mitschülern nicht klar, nahm Drogen, trank Alkohol, entwickelte schließlich eine Depression. Bachler schaffte den Schulabschluss, wurde Maler und Lackierer, aber die psychischen Probleme hielten an – bis er sich schließlich entschloss, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Ich hab mich dann zuerst für eine psychoanalytische Gruppentherapie entschieden“, erzählt der heute 52-Jährige, der im Rhein-Main-Gebiet lebt. „Ich ahnte, dass die Ursachen für meine Probleme in der Kindheit liegen.“

Unterschiedliche Therapiemethoden

Längst nicht alle Menschen, die an einer Depression, an Phobien, Angststörungen oder Burn-out leiden, wissen, dass Psychotherapeuten nach unterschiedlichen Methoden arbeiten – und der Erfolg auch davon abhängt, wie der Patient die Therapie annimmt.
Dabei werden bei den Behandlungsmethoden im Wesentlichen zwei Schulen unterschieden, aus denen sich drei Therapieverfahren ergeben, die alle von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden: die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch-fundierte Therapie und die Psychoanalyse.
„Bei akuten Angststörungen und Depressionen wirkt Studien zufolge die Verhaltenstherapie besser“, erläutert Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig. Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass negative Gedanken, Gefühle und Einstellungen für die Krankheit verantwortlich sind – diese sollen während der Therapie verändert werden.
Auch Nicole Altenburg, Psychotherapeutin in Friedrichshafen, ist von dieser Methode überzeugt: „Die Verhaltenstherapie ist modern, klar strukturiert und gegenwartsorientiert“, erläutert sie. In der Regel lasse sich schon nach zehn bis zwölf Sitzungen erkennen, ob die Therapie Wirkung zeige. Oft reichten insgesamt rund 24 Treffen aus.
Die Psychoanalyse ist aufwendiger: Sie kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Norbert Spangenberg, Psychotherapeut in Frankfurt am Main, arbeitet seit vielen Jahren nach dieser Methode und ist davon überzeugt: „Es ist ein Verfahren, bei dem die Menschen, unterstützt durch die therapeutische Beziehung, sich selber aufklären. Sie lernen, bisher unerklärliche Symptome zu verstehen und finden so letztlich ihre innere Freiheit wieder.“ Die Sinnfrage und die Persönlichkeit des Menschen stünden im Mittelpunkt.
Das Problem für Erkrankte, die einen Therapeuten suchen: Nicht immer ist gleich zu erkennen, nach welcher Methode er arbeitet. Patienten sollten sich daher vorher erkundigen, welchen Ansatz ihr Therapeut verfolgt. Und entscheiden, ob sie auf diese Art behandelt werden wollen.
Neben der Verhaltenstherapie, der tiefenpsychologisch-fundierten Therapie und der Psychoanalyse gibt es noch eine Vielzahl weiterer Ansätze, die meist aber nicht von den Kassen bezahlt werden. Dazu zählen zum Beispiel die systemische Therapie, die vor allem die familiären und Freundschaftsbeziehungen unter die Lupe nimmt, oder die Gestalttherapie, bei der die Patienten etwa in Rollenspielen ihre Gefühle, Gedanken und Stimmungen ausdrücken.

Viele Methoden werden nicht von der Kasse gezahlt

Nach Ansicht von Nicole Altenburg ist die Methode aber nicht das einzig Entscheidende. „Wichtig ist die therapeutische Beziehung“, sagt sie. Die sprichwörtliche Chemie zwischen Therapeut und Patient muss stimmen. „Man muss sich von Anfang an ein bisschen sympathisch sein“, sagt Altenburg. Dabei ist es für Erkrankte oft nicht leicht, sich nach einigen Probesitzungen, die von den Krankenkassen bezahlt werden, gegen einen Therapeuten zu entscheiden – denn oft haben sie bisher lange, manchmal bis zu einem Jahr, auf einen Therapieplatz gewartet.
Zumindest die sehr langen Wartezeiten sollen der Vergangenheit angehören: Seit dem 1. April müssen die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen auch bei Psychotherapeuten innerhalb von vier Wochen eine Akutsprechstunde anbieten. Allerdings hat der Patient dabei kein Anrecht auf einen bestimmten Therapeuten.
Wer eine bestimmte Methode bevorzugt, muss sich selber auf die Suche machen: Auf der Homepage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung und bei den Kassenärztlichen Vereinigungen gibt es entsprechende Suchmaschinen. Die meisten Therapeuten geben auf Internetseiten oder im Telefonbuch an, wie sie arbeiten.
Frank Bachler hat sich auf zwei Therapieformen eingelassen: Nachdem er zunächst seine Vergangenheit in einer langjährigen Psychoanalyse aufgearbeitet hat, lässt er sich jetzt weiter von einem Verhaltenstherapeuten betreuen – um seine psychischen Probleme vollständig in den Griff zu bekommen.

Buchhinweis: Psychotherapie – Chancen erkennen und mitgestalten. Den Ratgeber Psychotherapie der Verbraucherzentrale gibt es im Internet unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de/psychotherapie. Er kostet 15, 90 Euro. Internet: www.deutschepsychotherapeutenvereinigung.de (dort kann man auch nach Therapeuten suchen); Norbert Spangenberg: www.norbert-spangenberg-praxis.de; Nicole Altenburg: www.psy-altenburg.de.