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Schriftsteller Édouard Louis wünscht sich Metamorphose-Ministerium

Der französische Schriftsteller Édouard Louis hat es aus schwierigen Familienverhältnissen zum gefeierten Autor geschafft. Er findet: Die Option, seinem alten Leben zu entfliehen, sollte ein staatliches Angebot sein.

Der französische Schriftsteller Édouard Louis (32) wünscht sich “eine Art Ministerium für Metamorphose”. In einem Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Wochenende) erklärte er, ein solches Ministerium könne Menschen eine neue Identität schenken, “so wie den Kronzeugen der Mafia in Italien. Hätte die Gesellschaft meinem Bruder diese Möglichkeit des Neuanfangs gegeben, wäre er vermutlich nicht der Mann geworden, der er war.” Louis’ älterer Bruder starb im Alter von 38 Jahren an den Folgen seines Alkoholkonsums.

“Für mich hat die Möglichkeit, sich zu verändern, etwas extrem Schönes”, fügte der Autor hinzu: “In meinen Büchern erzähle ich von einer Reihe von Menschen, die leider gefangen sind, die nicht die Möglichkeit haben, sich zu verändern. Ich finde, die Option, seinem alten Leben zu entfliehen, sollte ein politisches Thema sein, genauso wie Feminismus, Klassenkampf und Rassismusbekämpfung. Sie sollte fast etwas sein, das vom Staat angeboten wird.”

Édouard Louis hieß ursprünglich Eddy Bellegueule; mit 22 Jahren ließ er seinen Namen offiziell ändern. Dazu erklärte er: “Ich habe meine Verwandlung über Jahre penibel geplant.” Der neue Name sei nur ein kleiner Teil davon gewesen. “Ich wollte ein neuer Mensch werden, mein altes Leben abstreifen, es hinter mir lassen, die Scham war so groß. Den Namen zu ändern war nicht leicht, man braucht einen Anwalt, muss vor Gericht gehen, sehr umfangreiche Unterlagen zusammenstellen, Beweise vorlegen, warum die Namensänderung gerechtfertigt ist. Es war wie eine Befreiung.” Louis sei der zweite Vorname seines besten Freundes gewesen.

Zu seinen weiteren Veränderungen erklärte Louis: “Ich habe meinen Haaransatz versetzen lassen und begann, anders zu sprechen, mich anders zu kleiden. Das Schwierigste aber waren meine Zähne.” Vier Jahre lang habe er sie richten lassen. “In meiner Familie ist ja nie jemand zum Zahnarzt gegangen. Ein wohlhabender Freund hat netterweise einen Großteil der Kosten übernommen.” Nun wolle er seinen Namen noch einmal ändern und einen neuen tragen. Welchen, sagte er nicht.

Louis wurde durch seinen 2014 erschienenen autofiktionalen Debütroman “Das Ende von Eddy” bekannt. Darin thematisiert er die gewaltvoll-ärmlichen Familienverhältnisse, denen er entstammt.