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Schmerzensgeldprozess gegen Bistum Essen startet

Wie viel Geld entschädigt für Missbrauch? Über diese Frage muss das Landgericht Essen entscheiden. Ein Betroffener verlangt Schmerzensgeld von der katholischen Kirche.

Vor dem Landgericht Essen startet heute ein Schmerzensgeldprozess gegen das katholische Bistum Essen. Ein Missbrauchsbetroffener fordert von der Diözese mindestens 300.000 Euro. Er wurde vom Priester H. missbraucht, dessen Fall bundesweit bekannt ist.

Der Priester verging sich an mindestens vier Orten in Nordrhein-Westfalen und Oberbayern an Minderjährigen. 1980 wurde er vom Bistum Essen in das Erzbistum München und Freising versetzt. Damals war Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., Erzbischof in München. Trotz gerichtlicher Verurteilung und eines Gutachtens, das vor einer Arbeit H.s mit Kindern warnte, wurde er erneut mit der Gemeindeseelsorge beauftragt. Erst 2010 wurde H. von dieser Tätigkeit abberufen. Seit 2020 lebt H. wieder im Bistum Essen. Er darf seinem Beruf nicht mehr nachgehen und sich nicht mehr Pfarrer nennen.

Im nun startenden Prozess beruft sich der Kläger darauf, dass das Bistum für das Versagen des Geistlichen haften müsse. Obwohl die Taten bereits lange zurückliegen, will der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck keine Verjährung geltend machen. Im Fall H. ist darüber hinaus eine weitere Schmerzensgeldklage vor dem Landgericht Traunstein gegen das Erzbistum München und Freising anhängig.

Das Landgericht Köln hatte im vergangenen Jahr einem Mann, der in seiner Zeit als Messdiener missbraucht wurde, das bislang höchste Schmerzensgeld für einen Betroffenen im kirchlichen Raum von 300.000 Euro zugesprochen. Seitdem wurden in mehreren Bistümern Schmerzensgeldklagen eingereicht. In manchen Fällen haben die Bistümer – wie auch in dem Kölner Fall – auf die Einrede der Verjährung verzichtet, in anderen haben sie sie geltend gemacht. Viele Betroffene halten die freiwilligen Zahlungen der Kirche in Anerkennung des Leids für zu niedrig.