Artikel teilen:

Schlüsselkompetenz

Über den Predigttext am 9. Sonntag nach Trinitatis: 1. Könige 3,5-28

Predigttext am 2. August (Erprobung): 1. Könige 3,5-28
5 Und der Herr erschien Salomo (…) des Nachts und Gott sprach: Bitte, was ich dir geben soll! 6 Salomo sprach:  (…) 9 So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, damit er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist. (…) 10 Das gefiel dem Herrn gut, dass Salomo darum bat. 11 Und Gott sprach zu ihm: Weil du darum bittest und bittest weder um langes Leben noch um Reichtum noch um deiner Feinde Tod, sondern um Verstand, zu hören und recht zu richten, 12 siehe, so tue ich nach deinen Worten. Siehe, ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, so dass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird. (Auszug)

Es ist eine Geschichte, schön wie ein Märchen.

Salomo ist gerade unter schwierigen Umständen König geworden und steht vor großen Herausforderungen. Er braucht ein Zeichen, dass sich Gott zu seinem Königtum bekennt, so wie es bei seinem Vater David war. Da hat er einen Traum, eine Gottesoffenbarung. Gott spricht mit ihm und gibt ihm einen Wunsch frei an diesem Wendepunkt seines Lebens. Und Salomo, so jung er noch ist, erkennt, worauf es ankommt. Er bittet demütig um ein gehorsames, ein hörendes Herz, um sein Volk gut regieren zu können und zu unterscheiden, was gut und was schlecht ist. Auch ein König kann sich das, was er zu einem gelingenden Leben braucht, nicht selbst besorgen. Er muss es sich von Gott schenken lassen.
Was ist das für ein Wunsch: Ein gehorsames, hörendes Herz?

Ein eigentümlicher Wunsch

Ich bin darauf angewiesen, dass jemand zu mir spricht. Ich trage das, was für mich wichtig ist, nicht schon von vornherein in mir. Darum ist es so bedeutsam, aufmerksam hören zu können! Es geht um Zuhören, Hinhören, Lauschen. Gesammelt sein im Hören, damit nichts meine Aufmerksamkeit ablenkt.
Wenn ich das Gehörte auch verstehen lerne, öffnet sich eine neue Perspektive. Zusammenhänge und Konsequenzen lassen sich erkennen. Ein so intensives Hören hat Folgen. Ich lasse mich auf das Gehörte ein, eine Beziehung entsteht, die mich beeinflusst und verändert. Ist es das, was schließlich zu einem „gehorsamen Herzen“ führt, wenn Gott zu mir spricht? Zu einer vertrauensvollen Nähe wie zwischen Vater oder Mutter und Kind, die alles trägt?
„Ich gebe dir ein weises und verständiges Herz“, sagt Gott zu Salomo und gibt ihm noch mehr als dieser gebeten hat.  Weisheit, das Höchste, ist wie eine Schlüsselkompetenz zum gelingenden Leben.  
Salomo hat sich das Richtige gewünscht. Dieses Gottesgeschenk war die Grundlage seiner sprichwörtlichen Weisheit und seines erfolgreichen Lebens. Die späteren Schreiber zeichnen ein leuchtendes Bild des legendären Königs, seiner Regierung und Rechtsprechung und machen deutlich: Das alles kam ganz allein von Gott! Immer ist mit ihm zu rechnen und sein Wirken zu spüren, auch wenn er vordergründig nicht sichtbar ist.
Wir leben nicht mehr mit der Bildersprache des Alten Testamentes, mit Träumen und Offenbarungen. Unsere Realität sieht anders aus. Aber die Geschichten berühren mich. Spräche doch Gott auch so zu uns!
Besonders in den schwierigen, unübersichtlichen Situationen unseres Lebens ist diese Sehnsucht da, nach der Kunst, richtig zu entscheiden, unser Leben gut zu bewältigen und seinen Herausforderungen gerecht zu werden. Und nicht nur bei unseren persönlichen Entscheidungen, gerade auch da, wo wir in unserer Gemeinde und Gesellschaft Verantwortung tragen, sind Menschen gefragt, denen die Klarheit gegeben ist, zu unterscheiden, was richtig und was falsch ist, was dran ist und was warten kann.
Wir können uns Weisheit nicht besorgen, aber wir können sie uns wünschen und für sie beten!

Sich Weisheit wünschen, sie erbitten

Die Bitte um ein „hörendes Herz“ ist da ein Anfang. Hier ist nicht der gefragt, der sich gern selbst reden hört. Das Hören kommt vor dem Reden. Und die Stimme Gottes kann nicht nur in mir hörbar werden, sie kann auch in der Begegnung mit Menschen zu vernehmen sein, die mir begegnen. Wie gut ist es, im Gespräch zunächst einmal nur aufmerksam zuzuhören – das ist wohltuend auch für mein Gegenüber.
Und der geduldig Hörende erhält Antworten! Erkennen und Verstehen werden ihm gegeben und Urteilsfähigkeit – ein weises, verständiges Herz als Gottesgeschenk!