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Schloss Gottorf: Die große Party vor der Schließung

Wer über die Bundesstraße 76 und den Gottorfer Damm nach Schleswig fährt, dem präsentieren sich einige Wahrzeichen der Stadt auf einen Schlag: Nach dem Schlei-Panorama mit Wikingturm und Schleswiger Dom taucht linkerhand in leuchtendem Weiß das größte Schloss in Schleswig-Holstein auf. Schloss Gottorf thront auf einer Insel hinter dem Burggraben, beherbergt die bedeutendsten Museen des Landes und scheint über Raum und Zeit erhaben. Doch der Schein trügt: Die Ausstellungen im Inneren des barocken Prachtbaus sind in die Jahre gekommen. Deshalb soll das Schloss ab September für eine Generalüberholung geschlossen werden.

Mit gut 140.000 Menschen jährlich gehört die Schlossinsel zu den Besuchermagneten in Schleswig-Holstein. Seit 75 Jahren sind in den Räumen das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und das archäologische Landesmuseum untergebracht. Einige der kostbarsten Objekte sind Gefäße aus Gold, Dolche aus Bronze und Schmuck. Zu den bekanntesten Exponaten des Museums zählen die Moorleichen aus der Römischen Kaiserzeit (1. bis 4. Jahrhundert nach Christus) und das 23 Meter lange Nydam-Schiff, das um 320 nach Christus gebaut wurde. Im Barockgarten steht außerdem der Gottorfer Globus, eine Rekonstruktion des ersten Planetariums, mit dem man in wenigen Minuten um die Welt und durch den Kosmos reisen kann.

Der einstige „Masterplan“ für die Generalüberholung beinhaltete neben der Überarbeitung der Ausstellung noch mehr: In der unbebauten Nordostecke des Schlosses sollte ein dreistöckiger Anbau aus Glas entstehen, das Herzstück des Masterplans, in dem Empfang, Museumskasse, Shop und Gastronomie untergebracht werden sollten. 14 Jahre lang hatte die Stiftung Landesmuseen an dem Konzept gearbeitet und bei der Schleswiger Bevölkerung in zahlreichen Veranstaltungen um Verständnis für den umstrittenen Erweiterungsbau geworben.

Im April 2025 dann die überraschende Nachricht: Der Masterplan ist gekippt. Die Generalüberholung kommt, der Glasanbau nicht. Aus dem Masterplan wird der MUT-Plan, kurz für „Museumstransformation“. Mittlerweile sei absehbar, dass die 44,8 Millionen Euro aufgrund gestiegener Baukosten für die Umsetzung der vollständigen Pläne nicht ausreichten, hieß es in einer Mitteilung der Landesmuseen.

Die freiwerdenden Mittel aus dem Erweiterungsbau sollen nun den Ausstellungsrundgängen im historischen Bestandsgebäude zugutekommen. Stiftungsvorstand Thorsten Sadowsky spricht von einer „maßgeschneiderten Modernisierung des Auftritts der Landesmuseen auf der Museumsinsel“. Ihm zufolge sollen bauliche Barrieren in den Rundgängen des Schlosses reduziert werden. Empfang, Shop und Veranstaltungsräume werden direkt im Schloss untergebracht, außerdem soll die Technik erneuert werden. Zum Zeitplan konnte er gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) keine Aussage machen: „Wir sind mitten in der Abstimmung.“

Dafür hat Sadowsky bereits eine Vision, wie nach der Wiedereröffnung Bewertungen in den Sozialen Netzwerken lauten könnten: „Unsere künftigen Gäste werden hoffentlich sagen, dass sie Schleswig-Holsteinische Landesgeschichte aus einem Guss und in einer modernen zeitgemäßen Gestaltung und mit vielfältigen Perspektiven erleben und gerne wiederkommen werden.“

Alle Ausstellungen im Schloss werden ab September dokumentiert, eingepackt und eingelagert. Gäste sind dennoch weiter willkommen: Die Halle mit dem Nydamboot bleibt offen, im Reitstall sind weiter Ausstellungen geplant und auch die Gärten und der Gottorfer Globus können besucht werden. Noch bis 2. November ist die Sonderausstellung „Wikingerdämmerung – Zeitenwende im Norden“ in Kreuzstall und Reithalle zu sehen, ab 9. Dezember sollen die Werke des international tätigen Eutiner Malers Daniel Richter Gäste auf die Museumsinsel ziehen.

Vorher, am 31. August, laden die Landesmuseen zu einer Finissage aufs Schloss ein. Zwischen 11 und 18 Uhr wird es unter dem Motto „An Gottorf muss man glauben!“ Vorträge und Führungen durch die Dauerausstellung geben. Um 11 Uhr ist außerdem ein Konzert in der Schlosskapelle mit Gottorfer Hofmusik geplant. Es ist die letzte Gelegenheit, sich das „alte Schloss“ noch einmal anzusehen. Im „neuen Schloss“ werde nämlich nichts mehr so sein, wie es derzeit ist, sagt Sadowsky. „Das kann ich versprechen.“