Die demokratischen Parteien müssen nach Überzeugung der früheren Bundesministerin Annette Schavan (CDU) wieder stärker die direkte Kommunikation mit den Bürgern suchen. Nach der Corona-Pandemie seien die Parteien noch nicht in die Öffentlichkeit zurückgekehrt, sagte die ehemalige Bildungsministerin am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung der Ulmer Stadtbibliothek mit dem Neu-Ulmer „Kulturpfarrer“ Jean-Pierre Barraud. Durch die Corona-Beschränkungen hätten die Parteien auf Kommunikationsformen wie Social Media gesetzt – die Menschen erwarteten jedoch das direkte Gespräch, wollten gehört und ernstgenommen werden. Nur auf diese Weise könne eine „Leidenschaft für Demokratie“ geweckt werden.
Die Parteien müssten den Bürgern aber auch klarmachen, dass nicht ihre jeweiligen Bedürfnisse und Sorgen die einzige Richtschnur für politisches Handeln sein könnten, sagte Schavan. Denn die großen Menschheitsfragen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Frieden ließen sich nicht in nationalen Grenzen lösen. Abgeordnete dürften sich deshalb nicht nur in einem „Zustand der Harmonie“ bewegen und sich allein nach ihren Wählern richten.
Zur Bewältigung der großen Krisen und Konflikte könne vor allem das Christentum beitragen, da es der einzige „Global Player“ sei, der auf der gesamten Welt präsent und einflussreich sei, sagte die ehemalige Vatikanbotschafterin Schavan. Dafür müsse sich das Christentum allerdings von seiner Zentrierung auf Europa lösen, sich beispielsweise für die stark wachsende Kirche in China öffnen und ökumenisch agieren. Wie Pfarrer Barraud hervorhob, sei Jesus bei den Menschen gewesen, die für ihre Rechte kämpfen mussten. (1597/03.07.2025)