Mit Songs wie “Denkmal” wurde die Band Wir sind Helden vor knapp 20 Jahren erfolgreich. Inzwischen ist Sängerin Judith Holofernes als Solokünstlerin unterwegs – und nicht weniger gesellschaftskritisch.
Judith Holofernes (47), Musikerin und Autorin, mahnt zu weniger unbedingtem Leistungsdenken. “Wir sollten die Verknüpfung von Arbeit, Selbstwert und Lebenswert auflösen”, sagte sie im Interview der Zeitschrift “Psychologie Heute” (April-Ausgabe). “Warum soll jemand, der etwas produziert, was der Welt nicht hilft oder sogar schadet, ein wertvolleres Leben führen als jemand, der sich im Freundeskreis nützlich macht, Enkel betreut, Kunst macht?”
Sie knabbere derweil selbst an diesen Themen, sagte Holofernes, die nach eigenen Worten zwei Mal kurz vor einem Burnout stand. Über ihre Erfahrungen hat die Sängerin, die mit der Band Wir sind Helfen bekannt wurde, 2022 das Buch “Die Träume anderer Leute” veröffentlicht. In vielen Reaktionen sagten ihr andere Menschen, “dass sie mit zusammengebissenen Zähnen durch die Familienjahre gehen und denken: Ich schiebe diese Karre jetzt da durch, und ausruhen kann ich, wenn die Kinder aus dem Haus sind.”
Tatsächlich seien viele Lebensarrangements mit Kindern nicht zu schaffen, sagte die Musikerin, die selbst mit ihren Kindern auf Tournee war. “Sie funktionieren nur, weil wir über Seele und Körper hinweggehen. Und genau das begünstigt Depressionen.” Viele Menschen ignorierten Alarmsignale des Körpers, etwa große Müdigkeit oder Schmerzen – und wenn man gute Freunde nur alle paar Wochen sehe, hätten auch diese kaum eine Chance, Veränderungen zu bemerken.
Sie selbst sei bei entsprechenden Bemerkungen inzwischen hellhöriger, sagte Holofernes. Zudem erlebe sie Meditation und Kreativität als hilfreich. “Ich glaube, es hilft grundsätzlich, ausreichend Raum für die Dinge zu haben, die einem wirklich, wirklich Freude machen. Ich glaube, wir neigen dazu, die Freude in eine Mini-Ecke zu verweisen und zu sagen: ‘Guck mal, hier ist dein Reservat, hier darfst du leben’.” Es sei jedoch schwer, etwas zu ändern, denn: “Viel geleistet zu haben, ausgelaugt zu sein, das ist gesellschaftlich anerkannt.”