Die Arbeitskammer des Saarlandes wirbt für einen „starken Sozialstaat“ und mehr Investitionen in die Infrastruktur. Sozialstaat heiße dabei nicht nur Bürgergeld, sondern etwa auch ein leistungsfähiges Gesundheitssystem, Bildung und ein Leben in Würde für ältere Menschen, erklärte der Vorstandsvorsitzende Jörg Caspar am Mittwoch in Saarbrücken bei der Vorstellung des Jahresberichts an die Landesregierung. Mit Blick auf die wirtschaftlichen und ökologischen Transformationsprozesse dürften Menschen nicht überlastet werden, sondern müssten einbezogen werden. Dann seien sie auch offen für Veränderungen.
Die Arbeitskammer stelle wiederholt fest, dass es einen Zusammenhang zwischen der Akzeptanz oder der Ablehnung von demokratischen Systemen und dem Armutsstatus gebe, erklärte Caspar. Je geringer das Einkommen und der soziale Status seien, desto mehr werde hinterfragt, ob ein demokratisches System überhaupt Veränderungsprozesse schaffe. Wenn Menschen das Gefühl hätten, mit ihren Ängsten und Problemen alleine zu sein, sei das „Sprengstoff“ für das demokratische Grundwesen. Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband lag die Armutsquote im kleinsten Flächenbundesland im Jahr 2022 bei 19 Prozent – im Bund betrug der Durchschnitt 16,8 Prozent.
Nach der Beschäftigtenbefragung der Arbeitskammer, an der 3.200 Saarländer teilnahmen, haben 55 Prozent der Befragten Sorgen, dass sie ihren Lebensstandard nicht halten können. Die Leiterin der Abteilung Wirtschafts- und Umweltpolitik in der Arbeitskammer, Carina Webel, mahnte, dass bei der Klimatransformationsförderung die finanzielle Leistungsfähigkeit der Menschen berücksichtigt werden müsse. Der Investitionsstau im Saarland liege eigenen Berechnungen zufolge bei rund sieben Milliarden Euro. Auf Bundesebene sei eine Reform der Schuldenbremse nötig, die Schuldenaufnahmen an Investitionen knüpfe. Auch müsse die Erbschaftssteuer verändert werden. Momentan gingen dem Staat etwa 5,4 Milliarden Euro durch legale Steuervermeidung verloren, was in etwa dem Haushalt des Saarlandes entspreche.
In der Arbeitskammer des Saarlandes sind alle sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer sowie Minijobber, Arbeitssuchende und Auszubildende automatisch Mitglied. Die Kammer berät und bildet ihre Mitglieder, gibt Stellungnahmen an die Politik und forscht.