Die Arbeitskammer des Saarlandes wirbt für den Ausbau von Kindertagesstätten zu sogenannten Familienzentren nach nordrhein-westfälischem Vorbild – zunächst als Modellprojekt. Die Idee sei, Familien eine verlässliche Anlaufstelle in ihrem Stadtteil für Alltagsfragen zu bieten, sagte die Leiterin der Abteilung Bildungs- und Wissenschaftspolitik, Melanie Blatter, am Donnerstag in Saarbrücken bei der Vorstellung des Jahresberichts an die Landesregierung. Niedrigschwellige Angebote der Familienbildung, -beratung und -unterstützung würden dann mit der Betreuung zusammengeführt. In NRW gebe es beispielsweise Elterncafés oder Bewegungs- und Ernährungsangebote, erklärte sie.
Zudem fordert die Arbeitskammer von der Landesregierung ein kontinuierliches Monitoring der Bildungsprojekte im Land, um festzustellen, welche sinnvoll sind und welche nicht. Das diene nicht der Überwachung, sondern der Weiterentwicklung, erklärte Blatter. Auch sprach sie sich für eine transparente Prognose des Landes über mögliche Mangelfächer an den Schulen aus, damit künftige Lehramtsstudierende eine zusätzliche Orientierungshilfe bei der Fächerwahl hätten. Generell warb die Arbeitskammer unter anderem für mehr Fachpersonal, kleinere Lerngruppen und den gezielten Ausbau multiprofessioneller Teams.
Der Arbeitskammer-Vorstandsvorsitzende Jörg Caspar äußerte sich besorgt über die Zahl der jungen Menschen im Saarland ohne Schulabschluss. Im Jahr 2023 habe der Anteil der Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss bei zehn Prozent, im Jahr 2014 noch bei knapp fünf Prozent gelegen. „Wir stellen fest, dass das gesellschaftliche Versprechen gleicher Bildungschancen für alle immer mehr an Glaubwürdigkeit verliert“, bemängelte er. Rund jeder fünfte junge Erwachsene verfüge über keinen qualifizierenden Berufsabschluss. Zudem verfehle etwa jeder dritte Jugendliche im Saarland die Mindeststandards für Lesekompetenz.
„Unser Bildungssystem steht extrem unter Druck“, betonte Caspar. Es mangele nicht an Programmen, sondern an klarer Steuerung, verbindlichen Zielen, Transparenz und einer verlässlichen Ausstattung. Es gehe um die Frage, wie Gelder zielgerichtet eingesetzt werden könnten. Auch gehörten etwa Bibliotheken und die Förderung von Vereinen zum Bildungsangebot, welches nicht gekürzt werden dürfe, wenn es überhaupt vorhanden sei.