Was hat Kunst in einer Kirche verloren – oder gar auf dem Friedhof? Zu einer Installation von Bildhauerin Rebecca Horn in der Friedhofskapelle Lößnitz kommen die Menschen in Scharen. Experten sehen das auch als Türöffner.
Durchschnittlich an die 1.800 Menschen besuchen zur Zeit monatlich die Lößnitzer Friedhofskirche in Sachsen – um die dort ausgestellte Skulptur der renommierten Bildhauerin Rebecca Horn (1944-2024) zu besichtigen. Die Installation “Universe in an pearl” bereichere die Beziehung zwischen Kirche und Kunst wechselseitig, sagte Kurator Alexander Ochs am Mittwochabend bei einer Online-Veranstaltung des Immateriellen Erbes Friedhofskultur. Es kämen Besucher aus aller Welt.
Das Werk ist noch bis zum 30. November in der Kirche Sankt Georg ausgestellt. Es wird im Rahmen von Purple Path, dem Kunst- und Kulturweg der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz, mit rund 70 Kunstwerken, gezeigt. Die 2006 von der Bildhauerin, Installations- und Aktionskünstlerin und Filmemacherin Rebecca Horn geschaffene Skulptur wurde wiederholt in Kirchen, unter anderem in London, Mallorca, Hamburg und Berlin gezeigt. Bei der Installation handelt es sich um eine Spiegelskulptur, die ins Unendliche reflektiert.
Bei Kunst in Kirchen gehe es “nicht um Eventmanagement”, sagte Ochs weiter. Eine gewisse Demut bleibe: “Kunst in der Kirche muss sich immer in den bebeteten und besungenen Raum einordnen”. Er erlebe bei den Touristen, die kämen, eine “wunderbare Zugewandtheit”. Ralf Günther, der Friedhofs- und Kirchenverwalter von Lößnitz, erklärte: “Die Leute rennen uns die Bude ein”. Diese Begeisterung stecke an. Ganz Lößnitz sei “miteinbezogen”.
Reto Bühler, Leiter des Friedhofsforums Zürich, das Ausstellungen auf städtischen Friedhöfen macht, sagte: “Wenn man Kunst macht, kommen auch Leute auf Friedhöfe, die sonst Berührungsängste haben. Sie sehen, dass das tolle Orte sind, wo man verweilen und Kraft tanken kann.” Kunst sei eine Möglichkeit, dem Friedhofssterben und den zunehmenden leeren Flächen auf Friedhöfen zu begegnen.
Der Kulturbeauftragter der EKD, Johann Hinrich Claussen erklärte, Kunst in Kirchen könne Menschen füreinander öffnen. Das sehe man auch am “Wunder von Lößnitz”. Ein Einheimischer habe ihm etwa gesagt: “‘Das ist ja so, als ob wieder die Mauer weg wäre, aber umgekehrt: Diesmal fahren nicht die Ossis in den Westen, sondern die Wessis in den Osten.'”