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Ruf nach queerer Theologie

Das neue Herder-Sonderheft geht die Debatte um sexuelle Vielfalt und Identität umfassend an. Mit Stimmen aus Theologie, Kirche und von Queer-Aktivisten.

Die Bochumer Theologin Gunda Werner hat ihre wissenschaftlichen Kollegen und Kolleginnen aufgerufen, stärker queere Ansätze und Fragen theologisch aufzugreifen. Wichtig sei es, Vielfalt ernst zu nehmen und queere Theorien in eigene Konzepte einzubauen, schreibt Werner in einem Beitrag für die Zeitschrift “Herder Thema” zur Vielfalt sexueller Identitäten.

Queere Theologie kämpfe nicht nur für Geschlechtergerechtigkeit und dafür, queere Menschen sichtbar zu machen. Vielmehr zeige sie auch auf, dass die Diskriminierung von Menschen, die nicht den erwarteten Vorstellungen der Mehrheitsgesellschaft entsprechen, negative Rückwirkungen auf diese hätten: “Denn es bleiben sonst Lücken, es fehlen Stimmen und die ausgesprochene, öffentlich geteilte Gotteserfahrung, dass Gott die Menschen in Vielfalt geschaffen hat.”

Werner kritisiert, dass viele lehramtliche Aussagen des Vatikans neue wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ausreichend aufgriffen. Beispielsweise betonten viele lehramtliche Dokumente weiterhin eine “Andersartigkeit” von Frauen und wiesen Frauen nach dem Bild der Gottesmutter Maria vor allem “mütterliche, demütige und hingebende” Aufgaben und Charakterzüge zu, kritisierte Werner.

Das “Herder Thema” geht das Thema sexuelle Vielfalt, Geschlechteridentität und Queerness aus verschiedenen Perspektiven an. So fordert der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers mit Blick auf die Vielfalt geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen “ein neues Denken, das in der kirchlichen Lehre und im Katechismus der Katholischen Kirche in Worte gefasst” werden sollte.

Der Queerbeauftragte der katholischen Bischöfe, Weihbischof Ludger Schepers, kritisiert, dass es noch an einer wirklichen “Debatte unter den Mitbrüdern” mangele. Ein Doppelinterview mit zwei Trans-Personen fragt nach dem Alltag von queeren Menschen. Erläutert werden auch Umfrageergebnisse zur Akzeptanz von sexueller Vielfalt an Schulen.