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Rotes Kreuz kritisiert Gesetz zu mehr Kompetenzen für Pflegekräfte

Der Pflegeberuf soll attraktiver werden. Pflegekräfte sollen Ärzte entlasten und auch medizinische Maßnahmen durchführen dürfen. Dem Roten Kreuz gehen die geplanten Regelungen nicht weit genug.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) kritisiert einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der Pflegekräfte mit mehr Kompetenzen ausstatten soll. Die Pläne seien bei weitem nicht ausreichend, da nicht einmal zwei Prozent der Pflegekräfte davon profitieren könnten, sagte der DRK-Bereichsleiter Jugend und Wohlfahrtspflege, Joß Steinke, der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Donnerstag).

Gut ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger sollen laut Gesetzentwurf mehr medizinische Verantwortung übernehmen, und der Beruf soll dadurch attraktiver werden. Das ist ein Ziel des “Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege”, das am Donnerstag im Bundestag beraten wird.

Die Ausgestaltung des Gesetzes führe dazu, dass etwa Maßnahmen wie die eigenverantwortliche Versorgung chronischer Wunden auf Pflegekräfte beschränkt würden, die ein Pflegestudium absolviert hätten, sagte Steinke. Nur die wenigsten Pflegekräfte hätten aber ein solches Studium hinter sich. “Mehr als 98 Prozent der beruflich Pflegenden bleiben unberücksichtigt”, kritisierte der DRK-Experte. “Der überwiegende Teil der Pflegefachpersonen wird so von den Verbesserungen durch das Gesetz ausgeschlossen.”

Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Pflegekräfte “in einem bestimmten Rahmen eigenverantwortlich und weisungsfrei Leistungen erbringen, die bisher Ärzten vorbehalten waren”. Außerdem sollen Dokumentationspflichten “auf das notwendige Maß begrenzt” werden.

Die Pflegeprofession leide “seit Jahren unter den defizitären Strukturen des Gesundheits- und Pflegesystems”, sagte der DRK-Bereichsleiter. Die Pflegekräfte hätten aber “mehr Vertrauen, Wertschätzung und Anerkennung für ihre Kompetenzen und ihr Engagement verdient”. Der Gesetzentwurf reihe sich indes “in die misslungenen Versuche zur Erweiterung der Befugnisse von Pflegefachpersonen ein”.

Zudem sieht das DRK die Gefahr, dass das ebenfalls im Bundestag behandelte Gesetz zur Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung zu Mehrkosten für Pflegebedürftige führen könne. “Es ist erfreulich, dass den Einrichtungen die Ausbildungskosten erstmalig finanziert werden”, sagte Steinke. Problematisch sei aber, “dass die von den Einrichtungen dann wiederum zu entrichtende Ausbildungsumlage an die pflegebedürftigen Menschen weitergeleitet werden muss”.

Auch der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) kritisierte die Gesetzesvorhaben als nicht weitgehend genug. “Die geplanten Kompetenzübertragungen sind zu wenig, um eine wirkliche Entlastung zu schaffen oder den Fachkräften mehr Eigenverantwortung zu ermöglichen – besonders im Bereich der Hilfsmittelverordnung. Eine echte Stärkung des Pflegeberufs wird so verpasst”, sagte VDAB-Bundesgeschäftsführer Thomas Knieling den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch das Gesetz zur bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung greift laut VDAB zu kurz. Zwar sei eine bundesweit einheitliche Ausbildung ein Fortschritt, doch die Ausbildungsdauer sollte weiterhin bei einem Jahr bleiben, um dem Fachkräftemangel wirksam entgegenzuwirken, so Knieling. Geplant sind 18 Monate.