Vor dem Hintergrund von Fällen wie in Friedland, wo im August ein psychisch Auffälliger eine 16-Jährige mutmaßlich vor einen Zug gestoßen hatte, und weiteren Gewalttaten hat die rot-grüne Landesregierung ihr Gesetz zum Umgang mit psychisch Kranken nachgeschärft. Die Neufassung des „NPsychKG“ (Niedersächsisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke) sei zur Verbandsbeteiligung freigegeben worden, teilte die Staatskanzlei am Dienstag in Hannover mit.
Konkret enthält das Gesetz Regelungen, die der Diskussion um öffentliche Sicherheit Rechnung tragen. So wurde unter anderem der Begriff „Dauergefahr“ eingeführt, der sicherstellen soll, dass gefährliche Entwicklungen bei Personen früh erkannt und gestoppt werden können. In einer Krisensituation ist eine dauerhaft erreichbare Koordinationsstelle bei den Sozialpsychiatrischen Diensten vorgesehen. Auf sie sollen unter anderem Polizei, Kliniken oder Mediziner zugreifen können, um etwa erforderliche Unterbringungen von Personen reibungslos zu ermöglichen.
Niedersachsens Sozialminister Andreas Philippi (SPD) hatte bereits im Oktober-Plenum des Landtages die hohen Anforderungen an das Gesetz betont. „Durch die sich in letzter Zeit mehrenden schrecklichen Ereignisse, in denen Menschen mit vermuteter oder bestätigter Erkrankung die öffentliche Sicherheit bedrohen, hat der Gesetzentwurf neue Herausforderungen zu adressieren“, sagte Philippi damals.
Bei der Nachsorge nach der Entlassung Betroffener ist künftig eine Information an den örtlichen Sozialpsychiatrischen Dienst verpflichtend, einschließlich eines „Follow ups“ durch den Dienst. Zudem sollen künftig Kliniken, Sozialpsychiatrischer Dienst und Ordnungsbehörden zweimal im Jahr Treffen einrichten, um etwa einen Ablaufplan für Unterbringungen zu erstellen oder diesen an aktuelle Gegebenheiten anzupassen.
Auch der Austausch von Daten zwischen Polizei und Klinik und Sozialpsychiatrischem Dienst wurde verbindlich geregelt. So muss die Polizei nun in bestimmten Fällen frühzeitig unterrichtet werden. Gleichfalls kann die Polizei künftig einfacher Personendaten an Kliniken oder den Sozialpsychiatrischen Dienst übermitteln.
Landessozialminister Philippi sagte am Dienstag, der Regierung sei ein enger Austausch aller Akteure wichtig, um Betroffene sowie Beschäftigte in Psychiatrien zu schützen und die allgemeine Sicherheit zu gewährleisten. Datenschutz werde weiter großgeschrieben. Ein Datenaustausch solle bei Personen stattfinden, die „im Rahmen einer sogenannten Risikoanalyse als potenziell gefährdet eingestuft wurden oder werden“.
Es solle keinesfalls ein Register für psychisch Kranke eingeführt werden, betonte der Minister. Im Vordergrund müsse das Wohl von Patientinnen und Patienten stehen. Eine Unterbringung als schwerwiegender Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte müsse immer letztes Mittel bleiben.