Der 25. Juni prägt Kenias jüngste Geschichte wie kaum ein anderes Datum. 2024 brannte das Parlament. Jetzt starben wieder Menschen, die Polizeigewalt und Einschränkungen der Regierung nicht akzeptieren wollen.
In Kenia sind die Demonstranten zurück auf den Straßen und zwar landesweit. Die Folgen: Mindestens 16 Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet Fragen rund um die Proteste.
Warum wird in Kenia protestiert?
In dem ostafrikanischen Land (58 Millionen Einwohner) schwelt der Konflikt zwischen Polizei und junger Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von gut 21 Jahren seit Wochen. Auslöser war der Tod des Bloggers und Lehrers Albert Ojwang. Ojwang wurde am 6. Juni verhaftet, nachdem Kenias Vize-Polizeichef Eliud Lagat Anzeige erstattet hatte. Lagat warf Ojwang vor, ihn in Sozialen Medien diffarmiert zu haben. Nach seiner Festnahme wurde Ojwang aus der Region Homa Bay im Westen des Landes ins die rund 350 Kilometer entfernte Hauptstadt Nairobi gefahren, wo er zwei Tage später in Polizeigewahrsam starb.
Gibt es Ermittlungen?
Eliud Lagat trat zehn Tage später wegen der laufenden Ermittlungen zurück. Medienberichten zufolge streitet er ein Fehlverhalten ab. Mittlerweile sind sechs Menschen wegen Mordes angeklagt, darunter drei Polizisten.
Warum hält die Kritik trotzdem an?
In Sozialen Medien formiert sich der Protest unter anderem unter dem Hashtag #Justice4AlbertOjwang. Auch auf den Straßen wird seitdem gegen Polizeigewalt und auch die Regierung von Präsident William Ruto (58) demonstriert, unter anderem am 17. Juni. An jenem Tag wurde der 22-jährige Straßenhändler Boniface Kariuki angeschossen. Vier Tage später sagte dessen Vater Jonah kenianischen Medien, der Zustand seines Sohnes sei kritisch.
Wie viele Menschen sind bisher ums Leben gekommen?
Der bisher größte Protest fand am Mittwoch (25. Juni) statt. Menschenrechtsorganisationen sprachen am Abend von mindestens acht Toten. Irungu Houghton, Amnesty-International-Direktor in Kenia, sagte Medienvertretern, mindestens 16 Personen seien gestorben. Laut Staatlicher Menschenrechtskommission wurden rund 400 Menschen verletzt, acht hatten Schusswunden.
Handelt es sich um landesweite Proteste?
Ja, Kenia hat 47 Bezirke. In mindestens 23 kam es laut Menschenrechtskommission zu Demonstrationen.
Wie reagierten die Sicherheitskräfte auf die Demonstrationen?
Laut Menschenrechtskommission wurden landesweit mindestens 61 Personen in Polizeistationen festgehalten. Die Polizei ist stark präsent. Auch verboten die Behörde jegliche Live-Berichterstattung in Radio und Fernsehen über regierungskritische Proteste und stellten den Sendebetrieb mehrerer TV-Sender ein.
Ist schon früher in dem ostafrikanischen Land gegen die Regierung demonstriert worden.
Ja, und zwar vor genau einem Jahr. Im Juni 2024 begannen Demonstrationen der “Generation Z” – diese wurde zwischen Ende der 1990er und den frühen 2010er Jahren geboren – gegen ein neues Steuergesetz, durch das anfangs beispielsweise die Mehrwertsteuer auf Brot und Produkte für Menstruationshygiene erhöht werden sollte. Vorgestellt wurde dieses am 13. Juni. Am 25. Juni 2024 steckten Demonstrierende schließlich das Parlamentsgebäude in Brand. Mehr als 60 Menschen starben.
Änderte sich etwas?
Das Steuergesetz wurde zunächst zurückgenommen. Im Juli nahm Ruto eine Regierungsumbildung vor. Der Versuch der Demonstranten, ihn zum Rücktritt zu zwingen, gelang aber nicht. Am Donnerstag unterzeichnete der Präsident nun das Finanzgesetz 2025, das am 1. Juli in Kraft tritt. Es verspricht Interventionen zur Verbesserung des Geschäftsumfelds, zur Stärkung des Steuersystems sowie Steuererleichterungen.
Wie reagieren die Kirchen?
In einem Schreiben rief die katholische Bischofskonferenz Mitte der Woche dazu auf, Leben zu respektieren und zu schützen. Es gebe zu viele Fälle von mysteriösem Verschwinden, Hinrichtungen ohne Prozesse und gewaltvollen Einschüchterungen. Junge Menschen verdienten es, angehört zu werden. Sie sollten nicht unterdrückt werden. In diesem Zusammenhang verwies die Bischofskonferenz auch auf den Tod zweier Priester, die in den vergangenen Wochen ermordet worden waren. Aufgeklärt sind die Taten bisher nicht.