Rechtsextreme Sprüche, antisemitische Parolen – das ist auch an Schulen ein Problem. Die Bundesbildungsministerin fordert konsequentes Handeln. Lehrkräfte könnten nicht neutral wegschauen, sagt auch der Bundespräsident.
Aus der Bundespolitik werden Forderungen nach Haltung und Konsequenz bei extremistischen Vorfällen an Schulen laut. “Wenn ein Schüler extremistische, menschenverachtende, antisemitische, ausländerfeindliche oder islamistische Thesen oder Sprüche äußert, dann müssen Lehrer Position beziehen”, sagte Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) dem Magazin “Stern” und RTL. Ähnlich äußerte sich auch der Bundespräsident in Berichten der beiden Medien.
Auch Schulleitungen und Schulverwaltung müssten Haltung zeigen, sagte Prien. In Ausnahmefällen müssten Schulen auch Anzeige erstatten. Zugleich dürfe nicht jeder Vorfall dazu führen, “dass Kinder und Jugendliche ein Leben lang als Extremisten gebrandmarkt werden”, meinte Prien weiter. “Schule ist in erster Linie ein pädagogischer Ort, der dazu beiträgt Kinder und Jugendliche zu formen und zu mündigen Bürgern zu erziehen.”
Die Ministerin stellte sich ausdrücklich hinter die Lehrkräfte. Sie seien als Vertreter des Verfassungsstaates nie neutral, sie dürften es auch nicht sein, erklärte Prien. “Sie stehen und agieren auf dem Boden des Grundgesetzes. Und das Grundgesetz ist nicht wertneutral, es richtet sich ganz entschieden gegen Menschenverachtung und Willkür.”
Schule sei immer auch ein Spiegel der Gesellschaft, sagte die Ministerin. Sie beobachte “mit großer Sorge, dass rechtsextremistische, rechtspopulistische, aber auch autokratische Politikansätze und Antisemitismus – auch von links und aus migrantischen Milieus – gesellschaftsfähig werden”. Die liberale Demokratie sei massiv unter Druck. “Es reicht aber nicht, wenn sich alle empören.” Elternhäuser, Gesellschaft und Schule seien gleichermaßen gefordert. Man dürfe die Schulen mit dem Problem nicht allein lassen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte Solidarität mit Lehrkräften, die extremistische Angriffe gegen die Demokratie im Schulalltag erlebten. “Wir müssen sie unterstützen”, sagte Steinmeier. Lehrern gehe es zwar ähnlich wie ihm, dem Bundespräsidenten, auch er habe parteipolitisch neutral zu sein, sagte Steinmeier. “Aber wenn Lehrer auf Situationen im Unterricht und auf dem Pausenhof treffen, bei denen Kinder sich rassistisch oder antisemitisch äußern, dann können sie nicht neutral wegschauen.”
Für Demokratie gebe es kein Unterrichtsfach. Stattdessen müsse etwa der Schutz von Minderheiten in der ganzen Schule gelebt werden, so der Bundespräsident. Jede Schule in Deutschland müsse eine demokratische Schule sein. Man müsse Schüler darauf vorbereiten, für die Gesellschaft als Ganzes und für die Demokratie einzutreten.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, warnte davor, dass es der AfD gelinge, immer wieder Aufmerksamkeit auf das Thema der politischen Neutralität an Schulen zu lenken. “Die AfD nimmt mit der Debatte um das vermeintliche Neutralitätsgebot bereits massiven Einfluss auf Lehrkräfte”, sagte Finnern den Berichten zufolge. Viele Lehrkräfte seien verunsichert.
“Stern” und RTL haben in den vergangenen Monaten zum Thema “Rechtsruck an Schulen” recherchiert. Daraus sind eine Titelgeschichte für die aktuelle “Stern”-Ausgabe sowie eine TV-Dokumentation entstanden, die am Donnerstagabend auf RTL unter dem Titel “stern Investigativ: Inside Schule” läuft. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der beiden Medien machen sich 73 Prozent der Deutschen große oder sehr große Sorgen in Bezug auf rechtsextreme Vorfälle an Schulen.