Mit der Entwicklung des Atheismus und der Formen des Unglaubens in der europäischen Neuzeit beschäftigt sich ein neues, an der Universität Göttingen angesiedeltes internationales Forschungsnetzwerks. Die beteiligten Wissenschaftler aus neun Ländern untersuchen nach Angaben der Universität Göttingen vom Donnerstag, wie der Atheismus zwischen den 1860er- und 1940er-Jahren nicht nur als intellektuelle Haltung, sondern auch als gelebte Erfahrung und organisierte soziale Bewegung in Europa entstanden ist.
Konkret wollen die Forschenden aufzeigen, wie atheistische Ideen durch Schriften, Organisationen und alternative Riten wie Jugendweihe oder säkulare Beerdigungen aktiv gelebt und verbreitet wurden. Darüber hinaus untersuchen sie, wie Atheisten oft als Bedrohung der Moral oder der öffentlichen Ordnung wahrgenommen wurden und wie sich diese Wahrnehmungen im Zuge breiterer gesellschaftlicher Veränderungen wandelten.
Hauptziel des Projekts sei die Entwicklung einer digitalen Quellenedition in englischer Sprache, sagte die Co-Leiterin des Netzwerks, Carolin Kosuch vom Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen. Die Edition werde mit Kommentaren versehen, um das Thema einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Atheismus (altgriechisch: „ohne Gott“) bezeichnet die Überzeugung, dass es einen Gott oder Götter nicht gibt. Zum Atheismus im weiteren Sinne wird teilweise auch der Agnostizismus oder agnostische Atheismus gezählt, nach dem eine Existenz von Gott oder Göttern ungeklärt oder nicht klärbar ist.