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Nach Missbrauchsskandal: “SOS-Kinderdorf Österreich noch zu retten”

Als “Pionier der Menschlichkeit” ging SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner in die Geschichte ein. Nach dem Missbrauchsskandal muss sie offenbar neu geschrieben werden. Ist die Organisation noch zu retten?

Nach Bekanntwerden etlicher Missbrauchsfälle rund um die Hilfsorganisation SOS-Kinderdorf Österreich glaubt die Leiterin der zuständigen Reformkommission, Irmgard Griss, dennoch an einen Fortbestand. “Ich bin überzeugt, dass SOS-Kinderdorf Österreich eine zweite Chance bekommt, weil es sich gerade neu aufstellt und weil jetzt Sicherheit und Strukturen geschaffen werden, die verhindern, dass solche Dinge in Zukunft noch passieren können”, sagte die frühere Höchstrichterin am Sonntag der “Kronen Zeitung”. Gerade jetzt sei es wichtig, dass die Menschen weiterhin spenden.

Der Missbrauchsskandal rund um SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner (1919-1986) hatte landesweit für einen Schock gesorgt. Auch politisch wurde ein Stein ins Rollen gebracht. In Imst in Tirol, wo das erste SOS-Kinderdorf entstand, hat die Stadtverwaltung zwei Statuen von Gmeiner aus dem öffentlichen Raum entfernt. Zahlreiche Orte, darunter die Hauptstadt Wien, diskutieren derzeit die Umbenennung von Parks, Straßen, Schulen und Kindergärten, die nach Gmeiner benannt sind. Die Bundesländer, die den Großteil der Arbeit der Einrichtung finanzieren, denken Presseberichten zufolge über die weitere Förderung nach.

Am Donnerstag hatte SOS-Kinderdorf Österreich bekanntgegeben, dass Gründer Gmeiner mehrere Jungen zwischen 1950 und den 1980er Jahren misshandelt und sexuell missbraucht haben soll. Darauf sei aus glaubwürdigen Aussagen damaliger Opfer zu schließen. Die Organisation kündigte seither eine “umfassende Neuaufstellung” an.

Die Vorwürfe gegen Gmeiner nannte Griss “gravierend und mit nichts zu entschuldigen”. Entsprechend richtig sei die Suspendierung, mit der die internationale Dachorganisation am Freitag die Mitgliedschaft des österreichischen Ablegers ausgesetzt hatte. Zugleich erinnerte die Juristin und ehemalige Politikerin an die wertvolle Arbeit, die die Einrichtung leiste. Strengere Sicherheitssysteme sollen künftig garantieren, dass betreute Pflegekinder in guten Händen sind.

Bereits vor Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Gmeiner hatte SOS-Kinderdorf Österreich zur Untersuchung weiterer Missstände an mehreren Standorten eine Reformkommission unter Griss’ Leitung eingesetzt.