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Monster, Teufel und Dämonen

„Verkehrte Welt“ in Hamburg präsentiert himmlisch-höllische Phantasien anlässlich des 500. Todestages des niederländischen Malers Hieronymus Bosch

„Verkehrte Welt – das Jahrhundert von Hieronymus Bosch“ lautet der Titel einer neuen Ausstellung im Bucerius Kunst Forum in Hamburg. Bis zum 11. September werden 80 Kupferstiche und 15 Gemälde gezeigt, die sich thematisch um phantasievolle Szenarien aus der Hölle und um Laster und Sünde ranken. Anlass ist das 500. Todesjahr Boschs (um 1450-1516). Mit seiner Bildsprache habe Bosch das gesamte 16. Jahrhundert geprägt, sagte Kurator Michael Philipp.
Eine der Besonderheiten der Ausstellung ist, dass kein einziges Bosch-Original zu sehen ist. Bosch malte auf Holz, und seine Bilder seien nach über 500 Jahren „in keinem reisefreudigen Zustand“, sagte Philipp. Die meisten seiner Werke hängen in der spanischen Hauptstadt Madrid. Doch er fand zahllose Nachfolger, die seine Kompositionen und Motive kopierten und verwandelten. Über das damals neu aufblühende Medium der Druckgraphik erreichten sie eine enorme Verbreitung.
Die gezeigten Werke erzählen von Christi Höllenfahrt und seiner Auseinandersetzung mit Dämonen und Teufeln, von den „Sieben Todsünden“ und den „Sieben Tugenden“, von verantwortungsbewussten Heiligen und unmoralischen Nonnen. „Bosch ist ein Maler der Hölle und der Monster gewesen“, sagte Kurator Philipp. Damit sei er noch ein Künstler des Mittelalters. Seine Bedeutung liege jedoch darin, der erste gewesen zu sein, der Szenen aus dem Alltag für die Kunst entdeckte: „Mit ihm begann die frühe Neuzeit.“ Bosch sei „kein Ketzer gewesen, sondern ein kirchentreuer Mensch“, sagte Philipp. Mehr und mehr sei durch ihn „das moralische Verhalten in der Welt“ zum Thema der Kunst geworden. „Die Angst vor dem Jenseits nahm ab, aber die Freude und Schaulust an gruseligen Szenen und Monstern aller Art blieb.“ Bosch habe als einer der ersten anstelle rein religiö­ser Motive eine Art „weltlich geprägter Phantastik“ gemalt. „Damit bediente er die Freude am Unheimlichen und den wohligen Schauer – denn zugleich war klar: Es ist ja nur ein Bild“, sagte Philipp.
Die Ausstellung umfasst insgesamt 630 Quadratmeter Fläche. Die meisten Werke stammen aus dem Kupferstich-Kabinett in Dresden. Begleitend zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Programm. In den evangelischen Hauptkirchen Hamburgs ist eine ganze Predigt­reihe der himmlisch-höllischen Phantasie des Niederländers gewidmet. Am 11. August bietet Michel-Hauptpastor Alexander Röder eine theologische Führung durch die Ausstellung an. epd

Die Ausstellung im Bucerius Kunst Forum in Hamburg ist bis 11. September täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet, donnerstags bis 21 Uhr. Katalog zur Ausstellung: „Verkehrte Welt. Das Jahrhundert von Hieronymus Bosch“, herausgegeben  von Franz Wilhelm Kaiser und Michael Philipp, Hirmer Verlag, 240 Seiten (mit farbigen Abbildungen aller Werke), 39,90 Euro (in der Ausstellung 29 Euro).