Ein riesiger Teddybär liegt draußen vor dem Eingang auf einer blauen Krankenliege, alle Pfoten von sich gestreckt. Das Kuscheltier lächelt breit, um Ohr und Arm ist ein dicker weißer Verband gewickelt. „Teddykrankenhaus“, steht auf dem Schild an der Glastür. Drei Tage lang sind Kindergartenkinder im Klinikum Darmstadt seit Donnerstag eingeladen, ihre Plüschtiere behandeln zu lassen.
Im Krankenhaus wuseln Kinder fröhlich herum, alle haben Dinos, Katzen oder Bären aus Plüsch im Arm, fest an sich gedrückt. „Wir wollen ihnen die Angst vor dem Krankenhaus nehmen“, sagt Medizinstudentin Katharina Küllmer im weißen Kittel, einen kleinen Teddy mit rotem Herz in der Hand. „Und zugleich ist es auch für uns eine superhilfreiche Erfahrung. Egal, in welcher Fachrichtung wir später arbeiten, es ist immer wichtig, dass wir mit Kindern gut umgehen können.“
Draußen auf dem Parkplatz drängen sich Kinder um einen Rettungswagen mit blinkendem Blaulicht. Zwei Rettungssanitäter haben sich extra Urlaub genommen, um ihnen zu erklären, was passiert, wenn der Krankenwagen kommt. „So ein tolles Engagement“, sagt Studierendenkoordinatorin Bettina Brandt. Sie hat die bereits zum vierten Mal stattfindende Aktion „Teddykrankenhaus“ organisiert. Rund 600 Kinder von vier bis sechs Jahren nehmen teil, plus 20 Medizinstudierende im praktischen Jahr am Klinikum. Der Andrang sei groß. „Wir konnten gar nicht alle Anfragen berücksichtigen“, berichtet Brandt. Dabei hätten sie die Plätze bereits aufgestockt.
Yolanda, 6, hat ihre Katze Kitty mitgebracht. Ob sie etwas Angst vor dem Krankenhaus hat? Das Mädchen mit den Zöpfen nickt zaghaft. „Ich habe schon mal eine Spritze bekommen“, ruft die fünfjährige Mira, „ich habe keine Angst.“
Die Medizinstudierenden empfangen die Kinder einzeln an kleinen Tischen, wie im echten Behandlungszimmer, vor sich Fieberthermometer, Desinfektionsmittel & Co. „Dann fangen wir mal mit der Untersuchung an“, sagt die Ärztin in spe Johanna Wiegand. Mit einem echten Stethoskop darf Yolanda ihre Katze abhören. „Warum muss deine Katze zum Arzt?“ Das Mädchen zuckt mit den Schultern. „Hat sie Bauschmerzen? Oder einen Arm gebrochen?“ Yolanda tippt ihrem Plüschtier aufs Ohr. „Kopf gebrochen.“ – „Wie ist das passiert?“ – „Sie ist hochgesprungen und hingefallen.“ Das Mädchen verabreicht ihr schließlich etwas Schmerzsaft und wickelt ihr einen Verband um den Kopf.
Sie merke, sagt die Medizinstudentin Katharina Küllmer, dass sie viel sicherer im Umgang mit Kindern werde. Sie ist im zwölften Semester und steht kurz vor dem Berufseinstieg. Ihr tue die praktische Erfahrung sehr gut, berichtet die 25-Jährige. Nach einem Tag sei sie jetzt schon viel lockerer und entspannter. „Wir lernen viel von den Kindern. Das ist total schön.“
Die Kinder gehen weiter zum Röntgen. Ob T-Rex, Stegosaurus oder Pokémon: Alle Kuscheltiere werden auf einen Kopierer gelegt, mit kleinen weißen Knochen aus Papier – und herauskommt das fertige Röntgenbild. Oje, Teddy muss operiert werden. Die Kinder streifen sich eine grüne OP-Haube über die Haare, ziehen einen blauen Kittel über und setzen einen Mundschutz auf.
Auf dem Operationstisch liegt ein riesiger Teddy unter grellem Licht, drei Medizinstudierende beugen sich darüber. Die Kinder tapsen vorsichtig näher. Die Studenten fragen, ob sie dem Bären eine Betäubungsspritze geben wollen? – „Jaaaaa“, rufen alle und piksen ins Fell: „Damit Teddy richtig schläft, wenn wir den Bauch aufschneiden.“ Mit einem Reißverschluss ist der Bauch ruckzuck geöffnet. Mit Pinzetten dürfen die Kinder kleine Wattebäusche herausholen, danach wird der Bauch wieder zugenäht. Alle kleben noch Pflaster darauf.
Yolanda drückt ihre Katze an sich. Sie strahlt unter ihrer OP-Maske. Ob sie immer noch Angst vor dem Krankenhaus hat? Das Mädchen schüttelt den Kopf: „Das hat Spaß gemacht!“