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Mit starkem Willen an der Spitze

Gerd Herzog sprach mit Peggy Kabonde, Generalsekretärin der United Church of Zambia (UCZ), über Rollenbilder von Männern und Frauen, Aidswaisen und sexuelle Gewalt.

Von Gerd Herzog

Wann haben Sie beschlossen, Pfarrerin zu werden?Schon in der Schule nannten sie mich „Pfarrerin“ (lacht), weil ich den anderen Schülern „predigte“ und ihnen half, wenn sie Sorgen hatten. Sie haben mich auch ermutigt, Pfarrerin zu werden. Nach vier Jahren Studium wurde ich 1986 ordiniert.Seit wann ordiniert die United Church of Zambia (UCZ) Frauen?Seit 1976. Aber ich selbst hatte nie eine Frau predigen gesehen, immer nur Männer. Meine ganze Familie hat auf mich eingeredet: Bist du sicher, dass du Pfarrerin werden willst? Warum willst du nicht Krankenschwester werden? Nur meine Mutter hat mich unterstützt.Warum gibt es so wenige Frauen in leitenden Positionen in den afrikanischen Kirchen?Die Menschen wachsen in dem festen Glauben auf, dass die Männer die Anführer sein sollten. Es begann mit den Missionaren – alle Pfarrer waren Männer. Daran hat sich viele Jahrzehnte lang nichts geändert. Wie kamen Sie an die Spitze der Kirche?Als ich 2010 berufen wurde, galt ich als Übergangskandidatin. Mein Vorgänger war zurückgetreten und ich wurde zunächst für den Rest der Amtszeit zur Generalsekretärin berufen. Als ich ins Amt kam, tat ich mein Bestes, um 2012 von der Generalversammlung gewählt zu werden. Aber es ist nicht einfach. Viele Menschen – Männer wie Frauen – glauben, Frauen seien das schwache Geschlecht. Ich erinnere mich an eine Pastoralvisite, zu der ich mit dem Auto fuhr. Ich saß am Steuer, auf den Rücksitzen meine Kollegen. Als wir ankamen, rief ein kleiner Junge, sieben oder acht Jahre alt, die anderen herbei: „Das müsst ihr sehen! So was Verrücktes, eine Frau fährt Männer!“Sie wollen sich nicht damit abfinden…Ich ermutige andere Frauen, dass sie auch alles erreichen können – sofern sie einen starken Willen haben. Gerade in den Dörfern haben es die Mädchen sehr schwer. Wenn sich die Eltern entscheiden müssen, wer von ihren Kindern die Schule besuchen darf: dann ist es immer noch der Junge. Doch die Dinge beginnen sich zu ändern und wir helfen mit.Wie sieht diese Hilfe aus?Aktuell sind wir dabei, mit Hilfe der Gossner Mission unsere Frauenförderung auszubauen. Es sollen vermehrt Frauengruppen überall in unseren Gemeinden entstehen, die sich gegenseitig stärken und ermutigen. Es soll ihnen aber auch Fortbildung zukommen: Wie starte ich ein eigenes kleines Geschäft, um wirtschaftlich unabhängig zu werden?Was ist das größte Problem in Sambia?Das Land hat eine der höchsten Aids-Raten weltweit. Eine Million Kinder wurden bisher zu Waisen. Wir müssen etwas für diese Kinder tun, weil die Verwandten, die sich traditionell um die Waisen kümmern, völlig überfordert sind. Es gibt mittlerweile viele Haushalte, in denen sich die älteren Geschwister so gut es geht um die jüngeren kümmern. Natürlich können diese Kinder keine Schule mehr besuchen; da beginnt ein schlimmer Kreislauf.Diese Tragödie gerät selten in den Blick der weltweiten Öffentlichkeit.Und es ist nicht das einzige Problem im Zusammenhang mit der Krankheit. Die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat unglaubliche Ausmaße angenommen. Männer vergewaltigen Frauen und Mädchen, von denen sie annehmen, dass sie noch Jungfrauen sind. Sie glauben, dass sie dadurch von HIV geheilt werden. Und das sind keine Einzelfälle, sondern ein Massenphänomen?Ja. Manche Väter vergewaltigen ihre eigenen Töchter. Ehemänner, die selbst infiziert sind, zwingen ihre Frauen zum Geschlechtsverkehr und infizieren sie dadurch mit HIV.Was kann Ihre Kirche tun?Wir appellieren an die Regierung, dass sie die Strafen für die Vergewaltiger erhöht. Zum anderen leisten wir Aufklärungsarbeit; auch in unseren Gottesdiensten. Den vielen Aids-Waisen will die UCZ mit einem „Child Care Center“ helfen. Wir wollen den Kindern beibringen, wie sie sich am besten um ihre Geschwister kümmern, können, damit sie nicht auf der Straße enden. Auch dabei unterstützt uns die Gossner Mission.

Kirche in Sambia:Die 1965 gegründete Vereinigte Kirche in Sambia ist die größte protestantische Kirche im Land. Sie hat über zwei Millionen Mitglieder in 1000 Kirchengemeinden. Sie ist Mitglied des Reformierten Weltbundes und des Weltrates der Methodisten.