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Mit Spaghetti-Essen die Deutschnote verbessern – Lesen geht überall

Schreiben, spielen, Spaghetti kochen: Gerade nach schlechten Zeugnisnoten hilft laut Expertinnen kein Drill. Viel besser sind Sommerferien mit kreativen Lernanlässen. Und ein Vertrag hilft beim Start ins neue Schuljahr.

Lesen und Schreiben gelten als Türöffner zur Welt. Entsprechend groß sind meist die Erwartungen an Grundschulkinder, in der Schule gut zu lernen – und ähnlich groß mitunter die Enttäuschung über die Zeugnisnote in Deutsch vor den Sommerferien. “Keine Panik, schlechte Noten kommen vor”, rät die Mainzer Bildungsexpertin Sabine Uehlein betroffenen Familien. “Keinesfalls sollten Kinder nun zehn Bücher in sechs Wochen lesen und grammatische Fachhefte durcharbeiten müssen.” Die Geschäftsführerin der bundesweit tätigen Stiftung Lesen hat andere Tipps – und stellt das jeweilige Kind in den Mittelpunkt.

“Natürlich darf das Kind Bücher lesen, das schult und hilft. Aber das Lesen lässt sich überall lernen”, betont sie. Schon bei der Auswahl der Reiseziele: Gehe es nach Italien, könnten Familien vorher gemeinsam nachschauen, was es dort für leckere Spaghetti-Rezepte gibt. Kinder könnten die entsprechenden Zutaten dann auf den Speisezettel schreiben, um das Lieblingsessen mit den Eltern zuzubereiten. Durch das Vorlesen von Tomate, Nudeln und Co während des Kochens wird Deutsch geübt – ohne dass es sich wie echtes Üben anfühlt.

Keinesfalls sollten Eltern in den Ferien wie Lehrer auftreten und versuchen, alles nachzuholen. Gerade Rechtschreibung sei ein dickes Brett und Probleme nicht in wenigen Wochen zu lösen. Auch bei vermeintlich niedrigschwelligen Konzepten wie dem sogenannten Schreiben nach Gehör, das in manchen Schulen praktiziert wird, rät Uehlein zur Vorsicht. Schreiben um des Schreibens willen sei nicht der richtige Weg: “Irgendwann kommt vor allem bei dieser Methode die Fehlerkeule, und das frustriert Kinder wie Eltern.”

Als Schreiben nach Gehör wird ein Konzept bezeichnet, das Schulkindern das Erlernen ermöglichen soll. Der Erfolg dieser Methode ist jedoch umstritten und daher nicht in allen Bundesländern für Schulen zugelassen. So hat unter anderem Hessen vor drei Jahren die Anwendung verboten. Doch Eltern sollten sich generell nicht mit Methoden und Lernkonzepten überfordern – es sei gut, mit den Kindern zum Beispiel Postkarten zu schreiben, sagt Uehlein. Und: “Die Kinder haben ein Recht auf Ferien.”

Mit derartigen eher beiläufigen Lese- und Schreibaktivitäten könnten Eltern verhindern, dass es zu einer “Leselücke” bei Grundschulkindern kommt. Besonders wenn sie mit dem Lesenlernen gerade erst begonnen haben, könne während der Ferien bereits Erlerntes wieder verloren gehen. Die Expertin rät Eltern daher dazu, mit diesem Phänomen bewusst umzugehen und offen mit den Kindern darüber zu reden, wie Lesen und Schreiben in die Ferienzeit passen. “Es gibt für jedes Kind ein geeignetes Lesemedium, und Eltern können das mit einem Kind besprechen.”

Aus ihrer Erfahrung sind für Kinder aufbereitete Sachbücher sehr gut geeignet, die Antworten auf klassische “Warum?”-Fragen bieten. Wichtig sei allerdings das familiäre Vorleben. “Wenn Mädchen und Jungen hören, dass sie lesen sollen, die Eltern aber in der Zeit streamen oder am Handy sind, dann kommt die Frage: Warum soll ich denn hier alleine lesen?”, sagt die Geschäftsführerin. Das könne sich wie eine Bestrafung anfühlen.

Spielerisches Lernen gehe auch gemeinsam. So könnten Familien für die gemeinsame freie Zeit ein Kreuzworträtsel entwerfen – oder auf Spiele mit Aktivitäten-Karten zurückgreifen. Diese animierten zum Vorlesen und festigen damit die Kenntnisse zu Rechtschreibung und Satzbau. Wichtig ist laut Uehlein, nach den Ferien das Gespräch mit der Schule zu suchen – und vielleicht eine Partnerschaft für den Lernerfolg zu knüpfen.

Silvie Kruse, Bereichsleiterin beim Wiesbadener Portal Lehrer-Online, erklärt das Prinzip: “Durch Lernverträge werden sowohl Schule als auch Elternhaus und die Lernenden selbst daran beteiligt, zum schulischen Erfolg der Schülerin oder des Schülers beizutragen.” Es gehe um das Gefühl einer Zusammenarbeit, nicht um einen Vertrag im juristischen Sinne. Eine solche Lernvereinbarung könne das Ergebnis eines Elterngesprächs sein und zu Beginn des neuen Schuljahres eingesetzt werden.

“Der Vertrag bringt alle Beteiligten dazu, sich vor Augen zu führen, dass Schule und Lernen nur erfolgreich gelingen können, wenn man sich als Team wahrnimmt und sich um ein Mit- anstatt ein Gegeneinander bemüht”, erläutert Kruse. Diese Selbstverpflichtungen böten sich etwa zur Lösung einer problematischen Situation an. Die Verbindlichkeit des Vertrags biete für Lernende oft eine Art der Selbstkontrolle.

“Verträge machen Ziele greifbar – und oft ist es genau das, was Schülerinnen und Schüler brauchen oder wollen”, führt die Expertin weiter aus. “Das gilt erfahrungsgemäß ebenso ihren Eltern, denn auch diese sind durch einen Vertrag mehr in der Pflicht.”