Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen haben noch immer keine Aufarbeitungskommission für das Thema Missbrauch gebildet. Ursprünglich sollte die „Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommissionen“ (URAK) zum März starten. Die Kirchen und die Diakonie wollen jetzt das Gespräch mit der niedersächsischen Landesregierung unter der neuen Leitung von Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) suchen, wie ein Sprecher am Donnerstag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mitteilte. Ziel sei es, zwei neue Delegierte des Landes für die Kommission zu finden.
Im Frühjahr war die Bildung der Kommission daran gescheitert, dass Missbrauchs-Betroffene eine Zusammenarbeit mit den von der Landesregierung benannten Vertreterinnen ablehnten. Sie sahen diese als zu kirchennah an, weil sie kirchlichen und kirchennahen Gremien angehört hatten oder noch angehörten. Jetzt habe es ein Gespräch von Vertretern von Kirche und Diakonie mit der Betroffenenvertretung der Aufarbeitungskommission gegeben, sagte der Sprecher der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.
Die kirchlichen Vertreter seien der Betroffenenvertretung dankbar, dass sie zu Gesprächen über das weitere Vorgehen bereit sei. Kirche und Diakonie hätten gegenüber der Betroffenenvertretung deutlich gemacht, dass die URAK für sie von großer Bedeutung sei und sie einen zeitnahen Start der Kommission „bestmöglich unterstützen werden“, sagte der Sprecher. Die Mitglieder der Betroffenenvertretung hätten noch einmal betont, dass die Delegierten des Landes aus ihrer Sicht auch formal in größtmöglicher Unabhängigkeit zu Kirche und Diakonie agieren müssten.
An der geplanten Aufarbeitungskommission sind die Landeskirchen in Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Bremen und die Reformierte Kirche sowie deren diakonische Werke beteiligt. Die Kommission soll aus neun Mitgliedern bestehen. Von denen dürften weniger als die Hälfte bei der evangelischen Kirche oder der Diakonie beschäftigt sein oder einem ihrer Gremien angehören. Auf Basis einer Vereinbarung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, haben sich für die meisten anderen Landeskirchen die Kommissionen mittlerweile gebildet.
In der Kommission engagieren sich außer den drei Vertretern des Landes auch jeweils drei Vertreter der Betroffenen und der Landeskirche.