Jüdinnen und Juden sind in großer Sorge. Für Deutschland hat das Bundesinnenministerium aktuell keine Hinweise auf eine unmittelbare Bedrohung. Jüdische Gemeinden in Europa sind unterdessen um Hilfe für Israelis gebeten.
Angesichts der Ereignisse in Israel ist auch die Stimmung in jüdischen Gemeinden in Europa angespannt. Es herrsche eine “Hochalarmstufe”, sagte der Generalsekretär der orthodox geprägten Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Gady Gronich, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Für Deutschland gab eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums in Berlin an, dass aktuell keine Hinweise auf unmittelbare Bedrohungen von Jüdinnen und Juden beziehungsweise jüdischen oder israelischen Einrichtungen vorlägen.
Ergänzend teilte eine Ministeriumssprecherin der KNA mit: “Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern bewerten die Gefährdungslage fortlaufend, sind hochwachsam und passen entsprechende Schutzmaßnahmen im Bedarfsfall an.” Der Schutz jüdischer Einrichtungen sei originäre hoheitliche Aufgabe der Bundesländer. Die Sicherheitsbehörden des Bundes stünden in engem Austausch sowohl untereinander als auch mit den Behörden der Länder. Die Sprecherin erklärte, dass dem Ministerium zum jetzigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse zu Vorfällen gegen jüdische Einrichtungen oder Jüdinnen und Juden seit Freitag vorlägen.
Am Wochenende hatte der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, der “Rheinischen Post” gesagt, dass die Vergangenheit gezeigt habe, “dass immer, wenn im Nahen Osten die Spannungen zunehmen, ein Mechanismus in Gang gesetzt wird, wodurch die jüdische Bevölkerung in Deutschland in Kollektivhaft genommen und für israelisches Regierungshandeln verantwortlich gemacht wird”.
Daher begrüße er es sehr, dass die Bundesregierung bereits gehandelt habe und das Sicherheitskabinett einen verstärkten Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen in Deutschland beschlossen habe, fügte Klein hinzu. Besonders kleinere Gemeinden im ländlichen Raum sowie Ziele wie etwa jüdische Kindertagesstätten seien verstärkt auf Unterstützung angewiesen, was ihre Sicherheit angehe. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland befürchtete antisemitische Reaktionen hierzulande.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem anschließenden Krieg im Nahen Osten ist die Zahl antisemitischer Straftaten und Proteste in Deutschland sprunghaft gestiegen. Erst kürzlich hatte das Bundeskriminalamt (BKA) bei den antisemitisch motivierten Straftaten für 2024 einen neuen Höchststand verzeichnet: um knapp 21 Prozent auf rund 6.200 (Vorjahr: 5.200).
Die Sicherheitsbehörden seien “wach”, betonte CER-Generalsekretär Gronich. “Man tut, was man kann.” In München, wo die CER ihren Hauptsitz hat, und in Bayern insgesamt fühle er sich in guten Händen. “Ich hoffe, es ist überall in Europa so.” Jüdinnen und Juden seien angespannt: “Fast jeder hat Familie, Verwandte und Freunde in Israel”, erklärte Gronich.
“Wir beten für den Staat Israel, die Armee und die Piloten”, so der Generalsekretär. Auch hoffe er, dass die Menschen im Iran verstünden, dass nicht sie Feinde Israels seien – sondern ihre Regierung.
Jüdische Gemeinden in Europa seien zudem aufgerufen, gestrandeten Israelis Unterstützung anzubieten. “Sie sollen ihre Türen öffnen”, sagte Gronich. Es gebe entsprechende Aufrufe an jüdische Gemeinden in Europa. Gefragt sei vor allem Hilfe bei Unterkünften, Mahlzeiten und Kinderbetreuung. “Wir versuchen auch, finanzielle Unterstützung aufzutun.” Wegen der Angriffe aus dem Iran ist der zivile Flugverkehr von und nach Israel derzeit unterbrochen.