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Militäraktionen verschärfen humanitäre Lage in Myanmar

Eine Woche nach dem Erdbeben in Myanmar sind bis Donnerstag mehr als 3.000 Menschen ums Leben gekommen. Schätzungsweise 57 der 330 Gemeinden des Landes mit mehr als 17 Millionen Menschen sind betroffen.

Nach dem schweren Erdbeben in Myanmar fordert UN-Menschenrechtshochkommissar Volker Türk von Junta und Untergrundregierung uneingeschränkten Zugang für Rettungskräfte und humanitäre Helfer. Nach Ankündigung einer Waffenruhe bräuchten nun alle Betroffenen der Katastrophe umgehend Unterstützung, erklärte Türk am Freitag. Diese schreckliche Tragödie müsse für das Land “ein Wendepunkt hin zu einer inklusiven politischen Lösung” sein.

Die Untergrundregierung “National Unity Government” und die Junta hatten zuletzt einen bis 22. April befristeten Waffenstillstand erklärt. In den Tagen nach dem Beben setzte Myanmars Militär jedoch seine Operationen und Angriffe durch Bodentruppen und Luftwaffe fort.

Der UN-Menschenrechtskommission lägen Berichte vor, wonach das Militär in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten mindestens 53 Angriffe durchgeführt habe, so Türk; darunter seien Angriffe mit Flugzeugen, Drohnen, Artillerie und Motorgleitschirmen. Seit der Ankündigung eines vorübergehenden Waffenstillstands auch durch die Junta seien mindestens 14 Angriffe des Militärs gemeldet worden. Zudem setze das Militär die Zwangsrekrutierung junger Menschen zum Wehrdienst fort und entziehe so den Rettungs- und Hilfskräften in den Erdbebenregionen Mandalay und Sagaing wichtige Helfer.

Die Johanniter-Unfall-Hilfe hat nach eigenen Angaben (Freitag) dringend benötigte Medikamente und Verbrauchsmaterialien in Yangon beschafft. Sie seien derzeit auf dem Weg ins Erdbebengebiet. Am Montag sollten dann mobile Kliniken in zwei Townships rund um Mandalay den Betrieb aufnehmen.

Durch die von der Junta seit dem Putsch vom Februar 2021 verfügten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit und Internetsperren sind laut UN-Angaben viele stark betroffene Gebiete für humanitäre Nothilfe unzugänglich. In den am stärksten vom Beben betroffenen Städten Sagaing und Mandalay sind nach Angaben des Weltentwicklungsprogramms UNDP 30 bis 80 Prozent der Gebäude zerstört oder beschädigt.

In der unmittelbar beim Epizentrum gelegenen historischen Königsstadt Ava liegen viele der antiken Tempel und Paläste in Trümmern. Ava, auch unter dem Namen Inwa bekannt, war vom 14. bis 19. Jahrhundert Hauptstadt des Königreichs Birma. Nach den Zerstörungen durch ein schweres Erdbeben 1839 wurde Ava aufgegeben und das 21 Kilometer entfernte Mandalay zur neuen Hauptstadt ausgebaut.

Das schwere Beben vom 28. März an der Sagaing-Verwerfung war nach Ansicht von Seismologen überfällig. Die Erde habe in dieser Sektion der insgesamt 1.200 Kilometer langen Verwerfung seit 1839 nicht mehr gebebt, erklärte der US-Experte Shawn Willsey von der Erdbebenwarte USGS in einem YouTube-Video. An der Sagaing-Verwerfung bewegen sich die indisch-australische und die eurasische Platte mit etwa 18 Millimetern Geschwindigkeit pro Jahr aneinander vorbei. Die entstehenden Spannungen entladen sich immer wieder in Erdbeben.