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Merz bleibt vor CDU-Parteitag bei seinem Kurs – Viel Widerspruch

Die Diskussionen über den Migrationskurs gehen auch am Wochenende weiter. Kirchenvertreter, Sozialverbände und Forscher mahnen zur Mäßigung – und weisen auf praktische Fallstricke hin.

Nach der Ablehnung im Bundestag setzt CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz offenbar weiterhin auf dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einen zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und sogenannte Gefährder. Wie mehrere Medien berichten, soll auf dem CDU-Parteitag am Montag ein 15-Punkte-Sofortprogramm beschlossen werden.

In der “Bild am Sonntag” erklärte Merz: “Ich gebe den Wählerinnen und Wählern eine Garantie, dass es in der Wirtschaftspolitik und in der Asylpolitik eine wirkliche Wende gibt.” Auch das “System Bürgergeld” solle innerhalb weniger Monate “vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Derweil appelliert etwa der Sozialverband VdK, drängende Fragen in den Blick zu nehmen wie: “Wie wird meine Rente gesichert? Wie bekomme ich einen Arzttermin, wer kümmert sich um mich, wenn ich Hilfe brauche?” Die Debatte der vergangenen Woche habe “den Blick auf die sozialen Herausforderungen der Menschen in ihrem Alltag verstellt”, kritisierte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Und: “ein guter Sozialstaat ist die stärkste Brandmauer”.

Auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf warnte davor, dass wichtige Themen “durch die aktuellen Zuspitzungen” untergingen – etwa der Blick “für vulnerable Gruppen, für die Würde jedes einzelnen Menschen, für Sozialpolitik”. Zudem würden sachliche und differenzierte Auseinandersetzung immer schwieriger. Auf seinem LinkedIn-Profil warb der Bischof für “einen wirklichen Dialog”. Es brauche “neben dem Willen, andere Positionen wirklich anzuhören, auch die grundsätzliche Bereitschaft, eigene Positionen zu korrigieren”.

Zehntausende Menschen hatten am Samstag bundesweit gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD demonstriert, in Köln laut Veranstaltern etwa 45.000, in Stuttgart 44.000. Für den Sonntag und die kommende Woche sind weitere Kundgebungen angekündigt.

Der Migrationsforscher Hannes Schammann warnt derweil vor Erschwernissen etwa im Handel, sollte Deutschland aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten sowie europäisches Recht ignorieren. Darüber hinaus wäre es sinnvoller, “internationales Recht zu stärken, gerade wenn man Flüchtlingszahlen drücken will”, schreibt der Forscher in der “Süddeutschen Zeitung” (Wochenende). Die Konzentration auf kurzfristige Deals sorge “für eine weniger verlässliche Welt. Das Risiko für Krisen steigt – und damit potenziell auch die Zahl der Schutzsuchenden”.

Mehr Abschiebungen zu verordnen, könne zudem dazu führen, dass weniger Personal etwa für Fachkräfte-Visa zur Verfügung stehe und dass sich Asylverfahren verzögerten. Schammann verweist zudem auf die 220.000 Ausreisepflichtigen hierzulande, denen drei Millionen legal Schutzsuchende gegenüberstünden – sowie andere Migrationsgruppen wie Studierende, Fachkräfte oder deren Kinder. Auch die Kommunen wünschten sich eine gesicherte Integrationsarbeit. Fraglich sei, wie die Union dies erreichen wolle – und was deren Pläne für die Suche nach Fachkräften bedeuteten.