Drei Frauen in der Kirche: Dieses Bild begleitet mich durch mein Leben.
Der Maler Wilhelm Leibl lebte und arbeitete in meiner Heimatstadt Bad Aibling. In meiner Jugend sah ich in dem Bild banalen Kitsch: kniende Frauen – wie rückständig und unterdrückt! Naturalistische Verherrlichung der Volksgläubigkeit.
Inzwischen bin ich der ältesten Frau auf dem Bild näher als der jungen. Die Frauen rackern sich eben nicht im Alltag ab, sondern sitzen oder knien ruhend und lesend in der Kirche. Sie machen Mut, sich immer wieder neu auf Gott und sich selbst einzulassen.
Vielleicht hat der Maler schon im 19. Jahrhundert deutlich gespürt, dass die Kirche bei aller patriarchalen Struktur auch eine Kirche der Frauen ist. Vielleicht spielt hier auch Leibls eigene Geschichte eine Rolle: Es sind keine Frauenbeziehungen bekannt. Sein Malerfreund Sperl, mit dem er viele Jahre zusammenlebte und auch gemeinsame Bilder gemalt hat, ist mit ihm im gleichen Grab bestattet. Vielleicht die innigste Vereinigung, die für die Männer zu dieser Zeit möglich war.
Mir macht das Bild Mut, Gott immer wieder neu zu begegnen – in den verschiedenen Lebensphasen und so unterschiedlich, wie die dargestellten Frauen.
Ursula Weber ist Psychoonkologin im Brust Zentrum am St. Johannes Hospital in Dortmund. Sie engagiert sich als Lektorin und Kommunionhelferin in der Gemeinde St. Nikolaus in Münster.