Die Tiefseeforscherin Antje Boetius hat mit Blick auf den Tiefseebergbau für Zurückhaltung plädiert. Das Narrativ, dass die Menschheit die Rohstoffe aus der Tiefsee brauche, um die Klimawende umzusetzen, werde „ein bisschen übererzählt“ und von Investoren gepusht, sagte die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts am Mittwoch dem Radiosender WDR 5. „Das muss noch genau nachgerechnet werden.“ Der Tiefseebergbau ist auch Thema auf der Generalversammlung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA), die bis Freitag auf Jamaika tagt.
Beim Tiefseebergbau geht es um den Abbau von Manganknollen am Meeresboden. Darin sind seltene Metalle wie Mangan, Kupfer, Nickel oder Kobalt enthalten, die etwa für Batterien, Windkraft- und Solaranlagen verwendet werden. Die Auswirkungen des Abbaus der über Millionen von Jahren entstandenen Knollen auf die Ökosysteme der Tiefsee sind allerdings noch nicht genauer erforscht.
Die Meeresbiologin betonte, dass so viele seltene Erden gebraucht würden, liege auch an „unserem Wegwerfleben“ heute. Alle paar Jahre würden neue Handys gekauft, die Autos gewechselt und viel Stahl verbaut. „Das sind ja alles auch Prozesse, die seltene Metalle schlucken“, sagte Boetius. Die Menschheit stehe nun wieder einmal vor der Frage, ob sie einen weiteren Lebensraum anderer Arten zerstören wolle, oder ob es auch andere Möglichkeiten geben könnte.
Auf der Generalversammlung der ISA fordern knapp 30 Staaten, darunter auch Deutschland, vorerst ein Verbot für den Tiefseebergbau. Zunächst müssten die Folgen für die Umwelt genauer erforscht werden, argumentieren die Staaten. Sie wollen sich für eine Grundsatzregelung zum Schutz der Tiefsee einsetzen. Andere Staaten argumentieren, dass durch den Tiefseebergbau der Druck für den Abbau seltener Erden an Land verringert werden könnte.