Medien sollten das öffentliche Interesse am Kriegsgeschehen aus Sicht von Medienethikerin Claudia Paganini nicht als Begründung für Berichterstattung über Gewaltverbrechen ausnutzen. Man müsse aufpassen, “dass aus dem Berufen auf das öffentliche Interesse kein Freifahrtschein wird”, sagte Paganini im Interview des Mediendienstes der Katholischen Nachrichten-Agentur (Dienstag).
Mit Blick auf die Frage, ob sich Medien mit Berichten über den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober mit den Zielen der Terroristen gemein machten, die Öffentlichkeit erzeugen wollten, um auch Nachahmer zu ermuntern, meinte die Medienethikerin von der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München: “Der Nachahmungseffekt ist absolut ernst zu nehmen.” Offensichtlich bestehe aber ein öffentliches Interesse, da die israelische Reaktion ohne Verweis auf den Angriff nicht zu verstehen sei.
Journalisten und Medienhäuser sollten sich “besonders in heiklen Situationen hinterfragen, was eigentlich die eigenen Absichten sind”. Dies gelte vor allem für Bildberichterstattung, erklärte die Ethikerin. “Wir wissen, dass man mit Bildern gut emotionalisieren und Nutzer ans Medium binden kann. Zugleich wissen wir auch, dass Schockbilder bei vielen in der Regel kein Engagement auslösen, sondern eher einen Rückzug ins Private bewirken oder sogar Depressivität fördern können.”
Es passiere also das Gegenteil von dem, was oft behauptet werde von denen, die auf Schockbilder setzten. “Der Grat ist schmal, wenn es um das Aufrütteln geht. Oft entwickelt sich das in die falsche Richtung. Mal ganz abgesehen davon, dass man nie weiß, wen man mit entsprechenden Bildern triggert”, so Paganini. Entscheidend sei für die Konfliktbewältigung etwas anderes: “Wir müssen vielmehr die Frage stellen, wie sich Gerechtigkeit schaffen lässt.” Dazu brauche es keine drastischen Bilder, um die emotionale Ebene zu unterstreichen.