Wie wird es weitergehen mit dem christlichen Glauben, mit der Kirche? Der kürzlich verstorbene Theologe und Autor Jörg Zink widmete dieser Frage sein letztes biblisch-theologisches Buch. Zink sucht in der Bibel nach Bildern, die die Kirche überlebensfähig machen können. Er hat sich dafür die Ursprünge der christlichen Bewegung genau angesehen: Die Paulusbriefe als früheste Zeugnisse, die weiteren Briefe des Neuen Testaments, die Apostelgeschichte und die Offenbarung des Johannes.
Sein wichtigstes Ergebnis: „Eine am Evangelium orientierte Kirche lebt aus der Mündigkeit der Laien.“ Das, was Kirche ausmacht, können daher nicht Ämter oder Organisationsformen sein; vielmehr sind es Menschen, die „das Wort der Bibel selbständig zu hören und zu verstehen suchen“, die „urteilen können über das, was es sagt und was es nicht sagt, was ihrer Gemeinschaft das Maß gibt und das Wesen“.
Zink versucht daher, die Erkenntnisse der theologischen Wissenschaft über die biblischen Berichte zu den Anfängen der Christenheit verständlich darzustellen. Seine Herangehensweise an die Bibel ist dabei geprägt von dem Gedanken, dass die Überlieferung und fortwährende Interpretation dieser Glaubenstexte über Generationen hinweg etwas zu den ursprünglichen Aussagen hinzufügt. „Wenn wir heute versuchen, diese Botschaft in die Sprache und die Bilder unserer Zeit zu übersetzen, werden wir Gedanken denken müssen, die Paulus oder Johannes so nicht hätten denken können“, schreibt Zink. Der Grund für diese Weiterentwicklung ist, dass Gott in der Geschichte zu den Menschen gesprochen hat und auch noch heute spricht. Daher kann auch das, „was gewesen sein soll, uns nicht zur Vorschrift werden“.
Nur: Woran erkennen wir heute Gottes Wort an uns?
Das ist nicht leicht zu erklären, denn, so der Theologe: Das Wort Gottes hat eine „schwebende Flüchtigkeit“ und Leichtigkeit, die mit Worten kaum zu fassen ist. Trotzdem zählt Zink einige Kriterien auf: Da ist zum einen etwas Fremdes, das den Menschen ergreift und das sogar von einem Gefühl der Angst begleitet sein kann, aber auch von Beglückung. Es öffnet den Blick für das „Spiel des Daseins als Ganzes“. In einer Gemeinschaft ist es leichter, dieses Gewicht zu tragen und zu interpretieren. Letztlich setzt es den Menschen in Bewegung und verändert ihn. „Die Nähe von etwas unendlich Fernem erscheint. Wir wissen uns zu Hause“, so
beschreibt Zink diese Erfahrung.
Und wie sollen wir handeln? „Wenn ich Jesus gut zuhöre, dann spricht er immer zuerst von dem, was wir lassen sollen", so Zink. Verzicht, Gewaltlosigkeit um jeden Preis und Wahrheit sind die Kennzeichen eines lebendigen Glaubens in einer lebendigen Kirche.
Jörg Zink: Vom Geist des frühen Christentums. Den Ursprung wissen – das Ziel nicht verfehlen. Kreuz-Verlag, 391 Seiten, 19,95 Euro.