Der Verkehrsübungsplatz in Fichtenberg, im „Dreilandkreiseck“ von Landkreis Schwäbisch Hall, Rems-Murr-Kreis und Ostalbkreis gelegen, hat gleich mehrere Besonderheiten: Er besteht nur an diesem einen Nachmittag, die sechs Fahrzeuge sind alle Traktoren, und sie werden alle von Frauen gesteuert. Eingeladen hat das Evangelische Bauernwerk in Württemberg, angereist sind 20 Teilnehmerinnen aus dem ganzen Land. Sie alle wollen mehr Praxis und Übung erlangen, etwa beim Rückwärtsfahren, Ballenstapeln oder An- und Abkuppeln.
Der gesamte Kurs ist männerfrei. „Sonst setzen wir Frauen uns unter Druck“, sagt die Kursleiterin Veronika Grossenbacher. „So muss niemand etwas beweisen.“ Das Trainingsklima ist sehr entspannt, es gibt viele lachende Gesichter. Was die schwierigste Herausforderung des Tages ist, das steht für die Teilnehmerin Brigitte Hiesinger ganz klar fest: „Zweiachser rückwärts ist die Königsdisziplin.“ Auf die Länge des Anhängers komme es dabei gar nicht an, sagt sie.
Bei der regulären Fahrschule, berichtet eine Teilnehmerin, habe sie ihren Anhänger selbst organisieren müssen. Einen solchen Anhänger zu finden, der noch TÜV und genügend Profil auf den Reifen habe, sei gar nicht so einfach. Beim Kurs in Fichtenberg hat der Bezirksarbeitskreis des Evangelischen Bauernwerks bestens vorgesorgt und aus der Umgebung sechs verschiedene Traktoren versammelt.
Auf deren Marken – vertreten sind Claas, Deutz, Fendt und John Deere – kommt es dabei viel weniger an als auf die Unterschiedlichkeit der Anhänger: Zweiachser, Einachser mit den Rädern an unterschiedlicher Stelle und eine Egge mit Dreipunktaufhängung. „Man übt das, was einem am wichtigsten ist“, sagt eine Teilnehmerin. „Man kann ausprobieren, was man nicht zu Hause hat“, eine andere.
Vor der Praxis stand am Vormittag die Theorie, unter anderem ging es um die korrekte Reihenfolge beim An- und Abkuppeln. Dafür stand im Hof des Landgasthofs Krone ein Schlepper als Standmodell zur Verfügung. Jetzt am Nachmittag wird alles in der Praxis nachvollzogen: „Erst alle Schläuche abziehen, bloß nicht die Stützfüße vergessen!“ Dass ein Schlauch entsetzlich klemmt und Gewalt braucht, ist keineswegs den Teilnehmerinnen anzulasten. Beim Üben darf auch einmal ein Heuballen ausbrechen und abstürzen, der zu weit oben und nicht tief genug aufgespießt wurde. Je länger der Nachmittag, desto routinierter wird das Stapeln.
Nicht jede Teilnehmerin ist schon eine fertige Landwirtin, zwei junge Teilnehmerinnen sind noch in ihrem ersten Jahr an der Richard-von-Weizsäcker-Schule in Öhringen (Hohenlohekreis). Aus Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) sind Mutter und Tochter angereist. Alle sind mit dem Kurs höchst zufrieden und freuen sich vor allem am Anfang über genügend Platz auf der großen Freifläche. Dennoch: „Toll wäre, wenn es auch noch Hindernisse gäbe“, sagt Kerstin Kirsch, die zum Kurs gekommen ist, um in ihrer Fahrpraxis sicherer und schneller zu werden. Mit der Zeit wird auch auf einem angrenzenden, geschwungenen Weg immer flotter rückwärts gefahren.
Während eine Fahrerin mit ihrer jeweiligen Lehrerin übt, kann sich jeweils eine dritte Frau auf den Traktoraufstieg stellen, beobachten und zuhören. Der angehängte Zweiachser reagiere sehr verzögert, erläutert die Lehrerin. Stehe er vollkommen schräg, gelinge es teilweise nicht, ihn wieder auszurichten, dann helfe nur eine kurze Vorwärtsfahrt. Zum Glück lasse sich der eingesetzte Vario-Traktor extrem langsam fahren. „Das geht nicht mit jedem.“ Man müsse beim Rückwärtsfahren wahnsinnig mitdenken, sagt eine Teilnehmerin hinterher, das sei echt verwirrend. Um ein Fahrziel zum Anvisieren zu haben, wird eine Latte hochkant gegen den Zaun gelehnt.
Beim Üben sind die Anhänger leer, im Ernstfall versperren volle Anhänger womöglich auch noch den Blick nach hinten, dann wird es noch schwieriger. Doch auch dafür gibt es Tricks, beim langen blauen Anhänger ist es ein schwarzer Aufkleber. Sein Verhältnis zur Deichsel verrät, ob der Anhänger geradesteht.
Fest steht für Veronika Grossenbacher vom Evangelischen Bauernwerk schon eines: „Nächstes Jahr im März gibt es den nächsten Kurs.“ Egal bei welchem Wetter. Dieses Mal lacht die Sonne, aber die Kursausschreibung war eindeutig: „Wir fahren bei jedem Wetter. Bitte bringt entsprechende Kleidung mit!“ Es besteht kein Grund zum Zweifel: Die hartnäckigen Bäuerinnen, ob aktuell oder künftig, hätten das auf jeden Fall durchgezogen. (0722/31.03.2025)