Von Uwe Baumann
Da rennt Jesaja in unserer modernen Zeit offene Türen ein: Gottes Wege können schlicht nicht unsere sein. Die Welt brennt an allen Ecken, die Konflikte sind nur mit Mühe überschaubar und immer sind wir in irgendeiner Weise politisch oder wirtschaftlich verstrickt. Die Medien – Journalisten, Fotografen, Kameraleute als Berichterstatter in Kriegs- und Krisenregionen, leben gefährlich. Nicht nur zwischen den Fronten vor Ort, sondern auch in den Heimatländern. Jedes Foto, selbst winzige Bilder oder Grafiken werden nach Veröffentlichung seziert und auf wunde Punkte gescannt. Anschließend springen die Interpreten mit erhobenem Zeigefinger im selbstgebauten Dreieck und legen alles auf die Goldwaage. Ihre Goldwaage, denn private Meinung wird zum Gesetz, wenn man sie nur mit Nachdruck, laut und ausdauernd in Umlauf bringt.Die scharfe, zugleich leichte und verwegene Sprache von Goethe, Schiller und dem herausragenden Rest der Altvorderen – inventarisiert zwischen Buchdeckeln. Kein Interview mehr, das nicht geprüft und offiziell abgenickt wurde. Allerorten „gerichtsfeste“ Formulierungen oder schwülstige Sprachhülsen und retuschierte Fotos ohne Ecken und Kanten. Schwere Kalorien ohne Nährwert, denn Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Warum eigentlich? Die überbordende Informationsdichte vernebelt offenbar das vom Schöpfer klug eingefädelte Vermögen, Spreu von Weizen zu trennen. Die Intuition wird durch massig kursierende Vorschriften, Papierberge und hübsche Qualitätshandbücher ersetzt. Und doch steht aller Regulierungswut ein großer Unsicherheitsfaktor gegenüber: der Mensch. Der wankende, individuell revoltierende, verliebte, austerminierte, gelangweilte, besserwissende, gebildete, verzogene, maulende, kluge, jammernde, vergessliche, schöne Mensch. Der sich gelegentlich nicht nur für das Universum hält, sondern auch für dessen Mittelpunkt. (…)
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Predigttext am Sonntag Sexagesimae: Jesaja 55,(6–7)8–12a (Reihe V)6 Suchet den Herrn, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist. 7 Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. 8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, 9 sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. 10 Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, 11 so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende. 12 Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden.