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Liebe, wer bist du?

Über den Predigttext am Sonntag Estomihi: 1. Korinther 13

Predigttext

1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. 3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir‘s nichts nütze. 4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, 5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,
6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; 7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
8 Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. 9 Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. (…) 12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. 13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

So viele Fragen: Ist Liebe selbstlos? Ganz ehrlich: Wer jemanden liebt, erwartet Gegenliebe und Aufmerksamkeit. Ist es nicht auch ein Vorteil, zurückgeliebt zu werden? Sucht sie nur den eigenen Vorteil? Kennen wir nicht auch die Eifersucht?
Man bringt Opfer, wenn man liebt. Wie weit würde ich also für die Liebe gehen? Würde ich überhaupt etwas opfern? Würde ich wirklich für einen Menschen, den ich liebe, mein Leben aufgeben? Würde ich mich sogar bei lebendigem Leib verbrennen lassen? Man sagt das vielleicht so. Aber ob man es auch wirklich macht, wenn es darauf ankommt?

Was tun, wenn es wirklich drauf ankommt?

Ich glaube, es gibt zwei Arten von Liebe, zwischen denen man unterscheiden muss. Es gibt die Liebe, die man glaubt, gefunden zu haben und für die man in einer bestimmten Zeit viel opfern würde, die aber trotzdem nicht lange hält. Auch geliebte Menschen enttäuschen und nach kurzer Zeit merkt man, dass sie nicht so wichtig für einen waren.
Die zweite Art der Liebe ist die bedingungslose, die zum Beispiel Eltern empfinden. Sie lieben ihr Kind, auch wenn es nicht ihren Idealvorstellungen entspricht. Diese Liebe fragt nicht nach dem eigenen Vorteil, sondern sie stellt mir die Frage:
Wie weit würde ich wirklich gehen? Bin ich mir selbst wichtiger oder die andere, geliebte, Person?
Erst im Laufe eines Lebens merkt man, wie viel ein anderer Mensch einem bedeutet. Und das ist schwer. Denn das stellt mich vor Entscheidungen: Will ich helfen – auch bei eigenen Verlusten? Dann muss ich mich entscheiden.
Andererseits, einmal entschieden ist es eines der besten Gefühle zu wissen, dass ich dem Menschen, den ich wirklich liebe, helfen konnte. Egal was für Opfer ich dafür gebracht habe.
In der wahren Liebe muss man bereit sein, die eigenen Gefühle oder Probleme in den Hintergrund zu stellen. Man muss zum Beispiel auch verzeihen können. Kann man das überhaupt – wenn man zum Beispiel verletzt worden ist? Das Schwere ist: Man muss das allein entscheiden. Man kann zwar viel reden. Stundenlang. Tagelang. Wochenlang. Doch es nützt nichts, wenn man im entscheidenden Moment zurücktritt und nicht tut, was die Liebe verlangt.
Man sollte sich auch das gut überlegen, denn man müsste weiterleben mit dem Gedanken, es nicht getan zu haben.
Liebe ist manchmal so unverständlich kompliziert. Manchmal versteht man selbst nicht, warum die andere Person einem so wichtig ist. Die Liebe ist da nicht zu kontrollieren.
Zur Liebe gehört auch zu trauern – zum Beispiel wenn ein Mensch stirbt. Aber, wen ich liebe, den würde ich über den Tod hinaus lieben, sogar hoffen, dass er wiederkommt. Denn tatsächlich kann ich alles verlieren: meinen Besitz, mein Leben – nur die Liebe nicht.

Liebe ist da – ob ich will oder nicht

Wenn ich mich frage, was denn zählt in meinem Leben neben der Liebe, weiß ich: Schmerz, Leid, Übel sind dagegen nur Illusionen, die ich ausblenden kann. Liebe dagegen ist da, ob ich will oder nicht. Sie steht hinter mir, so fest wie ein Berg. Sie stärkt mich und gibt mir die Kraft, dem Bösen zu trotzen.
Wenn es keine Liebe gäbe, würden wir den wichtigsten Personen keine Hoffnung geben und nicht an sie glauben. Denn es wäre uns letztendlich egal, was mit ihnen geschieht.
Glaube, Liebe und Hoffnung, diese drei – aber die Liebe ist die Wichtigste unter ihnen.
Das ist Liebe.