Gott leuchtet, glüht, strahlt. Er blendet vor unfassbarer Schönheit, Größe und Macht. „Licht ist dein Kleid, das du anhast“ beten wir in Psalm 104. Ein Schöpfungspsalm, dessen Worte Gott ins Gewand der Sonne hüllen. Gott strahlt und blendet. Unfassbar ist er.
Das Bild der Sonne als Schönheit, Größe und Macht prägte die Lebenswelt des Alten Orients, in der die Bücher des Alten Testaments entstanden, So verehrten die Ägypter Sonnengott Re, in Mesopotamien herrschte Schamasch. Gemeinsam ist ihnen, dass sie für Recht und Gerechtigkeit standen und daher in die Lebensgeschichte der Menschen eingriffen. Alttestamentler sprechen von „rettender Gerechtigkeit“: Gott greift tagtäglich ein, auch wenn wir es nicht merken. Die Vorstellung liegt nahe. Denn auch dort, wo wir den Schatten suchen, scheint die Sonne.
Die Götter der anderen prägten das Alte Testament. Einerseits gibt es eine Abgrenzung, wenn sich die Sonne beispielsweise nach Jesaja 24,34 schämen wird – der Mond wird dann ebenfalls schamrot sein –, sobald der Herr Zebaoth naht. Historischer Hintergrund ist hier die Zerstörung des Tempels und die Hinwendung der Völker von „ihrem Gott“ – vielleicht zu den Sonnen der anderen.
Zugleich jedoch prägte die Vorstellung von der rettenden Sonne, die stets eingreifen kann, die Gottesbilder, die noch heute unseren Glauben beleben. „Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild“, heißt es in Psalm 84. Gott ist der bewaffnete Retter. „Wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt“, endet der Psalm. Wie im religionsgeschichtlichen Kontext wird Gott mit der Sonne gleichgesetzt.
Dass neben Gott die Sonne ein hilfloses Objekt ist, wird hingegen im Buch Josua erzählt. Nach Josua 10,12 blieb die Sonne mitten am Tage stehen – ohne unterzugehen. Das ist wahre Schöpfermacht – und ein Sieg im Konkurrenzkampf der Gottheiten.
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