Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und rückläufiger Finanzmittel muss die Bremische Evangelische Kirche nach den Worten ihres mit großer Mehrheit wiedergewählten theologischen Repräsentanten Bernd Kuschnerus „ihre Gestalt verändern“. Nötig sei eine „atmende Kirche“, die sich Veränderungen, Schwerpunktsetzungen und experimentellen Arbeitsformen aktiv stelle „und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitze“, sagte Kuschnerus dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der 62-jährige Theologe wurde am Mittwoch vom Parlament der bremischen Kirche für weitere sechs Jahre im Amt des theologischen Repräsentanten bestätigt, das bisher Schriftführer und laut neuer Kirchenverfassung künftig Kirchenpräsident heißt.
In vielen Gemeinden gebe es bereits neue Wege, mit denen die Kirche Gemeinschaft und sozialen Zusammenhalt stifte, sagte Kuschnerus. Gute Beispiele seien auch mehr Zusammenarbeit in den Regionen wie etwa Tauffeste, die zukünftig stadtweit organisiert werden. „Überhaupt wollen wir neu auf Menschen zugehen, mit einer Anlaufstelle, die Wesersegen heißt. Wir wollen es den Menschen leicht machen, Segenserfahrungen zu machen, bei Trauungen, Trauerfeiern und anderen Übergangsstellen des Lebens.“ Erfolgreich in dieser Hinsicht seien schon spontane Aktionen wie „Trauungen to go“ in Bremerhaven.
„Wenn die Leute mit einem besonderen Wunsch kommen, sollte die Kirche nicht selbstgerecht die Türen schließen“, betonte der künftige Kirchenpräsident, der am 20. Juni zusammen mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern einer neu gewählten Kirchenleitung offiziell ins Amt eingeführt werden soll. „Wenn wir den Kern klar haben, das Evangelium und die Menschenfreundlichkeit Gottes, dann ist da ein großer Spielraum in den Formen“, führte Kuschnerus aus und bekräftigte: „Gott liebt die Vielfalt.“
Wichtige Themen in der Zukunft seien weiterhin das Engagement gegen sexualisierte Gewalt in der Kirche und das Eintreten für Demokratie und Zusammenhalt. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Kirche ein sicherer Ort ist, strukturell und von der Haltung her“, sagte Kuschnerus. Gesellschaftlich wolle die Kirche Plattformen für den Dialog organisieren, auch dann, wenn Positionen weit auseinanderlägen. „Gemeinsam gegen alle destruktiven Kräfte von Autoritarismus, Halbwahrheiten, Polarisierung antreten, menschlich sein da, wo die Menschlichkeit mit Füßen getreten wird: Das ist uns wichtig.“
Ein Pfund dabei sei das Solidaritätsnetz, über das Kirche und Diakonie mit ihren Gemeinden und Einrichtungen in jedem Stadtteil verfügten. Grundlage aller Arbeit sei das biblische Postulat der Nächstenliebe. Das könne nicht ohne Folgen bleiben. Die in sozialen und gemeinwesenorientierten Projekten tätige Nächstenliebe und der Glaube an Gott gehörten unmittelbar zusammen: „Das ist die Botschaft Jesu.“