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Leben ist Veränderung

Katholische Bischöfe warnen den Papst vor zuviel Reformen und stellen die evangelischen Kirchen als abschreckendes Beispiel dar. Daraus kann man etwas Wichtiges lernen

Erschrecken am Urlaubsort: Da steht ja jetzt ein Supermarkt! Wo ist denn die schöne Wiese geblieben? Und was ist das plötzlich für eine Musik, die man auf den Straßen hört? Und diese Haare! Und diese Kleider!

Veränderungen verunsichern. Nicht nur am Urlaubsort. Wenn das Gewohnte nicht mehr da ist, wenn das Vertraute sich verändert, dann reagiert der Mensch mit Unwillen.
Dahinter steckt die Angst: Werde ich mich noch zurechtfinden? Wird das Neue tragen? Schnell ergibt sich das Gefühl: Früher war alles besser. Kindheit und Jugend bekommen einen verklärten Glanz. Ahhh … die 70er Jahre, was für eine tolle Zeit – wenn man in den 50ern oder 60ern geboren wurde. Oder mit entsprechender Zeitverschiebung für andere Generationen. Das Schlechte rückt in den Hintergrund. Das Gute wird von der Erinnerung gedopt.
Interessanterweise haben Kinder diese Neigung nicht. Sie sind neugierig, wollen auskundschaften, erproben, sind versessen auf Neues. Aber je älter der Mensch wird, desto mehr verlegt sich sein Instinkt aufs Bewahren.
Nun ist das Bewahren nicht an sich schon schlecht. Bewährtes behalten – das ist sogar biblisch (1. Thessalonicher 5,21: Prüfet alles, das Gute behaltet). Nur: Als Lebensprinzip, als Maßstab und Richtschnur in allen Lagen – da trägt es nicht.
Leben ist Veränderung. Alles, was ist, entwickelt sich; nichts bleibt, wie es ist. Wäre das nicht so, würden wir noch immer in der Savanne vor wilden Tieren weglaufen. Oder als Einzeller durchs Ur-Meer dümpeln. Veränderung muss nicht angenehm sein. Jede Lebensform wächst, erblüht, vergeht. Selbst Berge verwittern. Kontinente verschieben sich. Ozeane trocknen aus.
So ist das Leben, ob man es will oder nicht: Veränderung.
Gerade haben wichtige katholische Bischöfe aus der ganzen Welt einen „Brandbrief“ geschrieben. Sie warnen, der Papst solle die Grundsätze der katholischen Kirche nicht verändern. Abschreckendes Beispiel seien die Protestanten. An ihnen könne man erkennen, wohin Zeitgeist und Relativierung führten, wenn man ewige Wahrheiten infrage stelle.
Das mag man sehen, wie man will.
Wahr ist, dass Protestanten bekennen: Ecclesia semper reformanda – die Kirche muss sich immer verändern.
Das sind drei tiefe Erkenntnisse: Verändern. Immer. Muss. Die Kirche ist von ihrem Wesen her darauf angelegt, sich ständig und jederzeit zu verändern. Und das gilt nicht nur für die Kirche, sondern für die Menschen und  die Schöpfung überhaupt.
Deutschland, Europa, die Welt stehen im Moment vor riesigen Herausforderungen. Keiner kann mit Sicherheit sagen, wohin das führt. Aber: Wegblicken? Verdrängen? Die gute alte Zeit festhalten? So funktioniert das Leben nicht. Wir müssen uns den Herausforderungen stellen. Aufbruch. Veränderung. Und auf Gott vertrauen, der die Menschheit und seine Kirche schon seit Jahrtausenden durch das Meer der Zeit führt.