Von Henning Schluß
Diskutiert wird heute: Ist es richtig, dass Kinder zur Schule gehen müssen? Fördert Bildung unser ethisches Urteilsvermögen und gehört Religion auch dazu?
In gewisser Weise sei Bildung so unvermeidlich, wie ein Katarrh bei Nordwind, schrieb Theodor Fontane 1895 seiner Tochter. Wozu bedarf es dann der Schule? Zwar lassen sich in den antiken Kulturen einige Spuren des öffentlichen Unterrichts nachweisen. Aber von der Notwendigkeit, Kinder in Schulen zu bilden, war man bis ins Mittelalter hinein weit entfernt. Faktisch ist die Schulpflicht ein relativ junges Phänomen. Sie setzte sich in Preußen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch. Dabei beschränkte sich die sogenannte Volksschule darauf, vor allem gottesfürchtige Untertanen des gottgegebenen Königs hervorzubringen, die sangesfreudig und anfänglich im Rechnen, Lesen und Schreiben unterrichtet, ihren Dienst im und am Staate versehen. Doch auch in dieser Gestalt wurde die Schule zu einem eigenständigen Lebensabschnitt in der Normalbiografie von Menschen aller gesellschaftlichen Klassen. Beiden deutschen Diktaturen gelang es weithin, die Schule in ihre Hand zu bekommen, um jeweils ihre neuen Menschen zu formen. Mit Blick auf die heutigen Ergebnisse der PISA-Studie, in denen Länder ohne Schulpflicht, wie Kanada, deutlich besser abschneiden als Deutschland, scheint nicht sehr viel für die Schulpflicht zu sprechen.Ein paar der besten Argumente für eine Schule, die alle durchlaufen sollen, bringt Martin Luther bereits 1524 vor. Abschreckend war dabei für ihn seine eigene Schulerfahrung. Er beklagt, wie er geschlagen wurde und trotz noch so viel „Steupen, Angst und Zittern nichts denn eitel nichts“ gelernt habe. Er forderte darum von den Kommunen, dass sie „christliche Schulen aufrichten und halten sollen“, die nützlich für das Leben der Jungen und Mädchen sein sollen. Kenntnis der Geschichte war ihm zum Beispiel wichtig, damit die künftigen Bürgerinnen und Bürger befähigt werden, sich selbst ein Urteil über geschichtliche Vorgänge bilden zu können. Auch den Sprachen hat er eine große Bedeutung zugemessen, damit mündige Christinnen und Christen in die Lage versetzt werden, sich selbstständig mit der Bibel auseinandersetzen zu können und sie nicht nur auf Übersetzungen angewiesen sind.
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