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Länder stimmen Anti-Missbrauchsgesetz zu

Im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern werden Strukturen auf Bundesebene gestärkt und Präventionsmaßnahmen ausgebaut. Der Bundesrat stimmte am Freitag in Berlin mehrheitlich für das sogenannte Anti-Missbrauchsgesetz. Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus sprach von einem „Wendepunkt“.

Claus’ Amt sowie der dort angesiedelte Betroffenenrat und die unabhängige Aufarbeitungskommission werden mit der Neuregelung gesetzlich abgesichert, ihre Kompetenzen werden erweitert. Unter anderem erstellt der oder die Missbrauchsbeauftragte künftig mindestens einmal pro Legislaturperiode einen Bericht „über das Ausmaß von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und über deren Folgen“. Auch „Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen“ sollen enthalten sein.

Die Bundesregierung muss den Amtsinhaber oder die Amtsinhaberin zudem bei allen Vorhaben einbeziehen, die etwas mit dem Aufgabenbereich des oder der Beauftragten zu tun haben. Bislang wurde die Position des oder der Beauftragten per Kabinettsbeschluss besetzt, künftig geschieht dies durch eine Wahl im Bundestag. Claus, die im Frühjahr 2022 berufen wurde, soll ihre bis Ende März 2027 laufende Amtszeit wie geplant erfüllen. Ihr Titel lautet künftig: unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.

Ein weiterer Baustein des Gesetzes betrifft das Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (früher Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung): Es bekommt den Auftrag zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs. Dabei geht es unter anderem um die Sensibilisierung und Qualifizierung von Fachkräften sowie um Informationen für Eltern und Kinder.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) warb in der Bundesratssitzung für das Gesetz. Damit werde „der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung nun auf die höchste politische Ebene in Deutschland gerückt“, sagte sie. „Und da gehört er auch hin.“

Claus nannte den Gesetzesbeschluss einen „Wendepunkt im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen“. Gerade für Betroffene seien die Neuerungen „ein immens wichtiges Zeichen“.

Allerdings sieht Claus weiteren Handlungsbedarf. Sie forderte mehr politische Aufmerksamkeit unter anderem für den Kampf gegen sexualisierte Gewalt im digitalen Raum und für die Finanzierung von Dunkelfeldforschung. Zudem bekräftigte Claus ihre Forderung nach einer Nachfolgelösung für den Fonds Sexueller Missbrauch, den das Bundesfamilienministertium auslaufen lassen will. Bei dem Fonds können Betroffene Hilfen beantragen, die über Leistungen der Kranken- oder Pflegekassen oder andere Unterstützungen hinausgehen.