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Kuss-Experte: “Es lohnt sich immer, um Erlaubnis zu fragen”

Heute (Sonntag) ist der Tag des Kusses. Küssen ist ein Ausdruck von Nähe und Verbindung und löst oft Wohlbefinden aus, sagt Kuscheltherapeut und Sexualcoach Lorenz Hansen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wie wir uns küssen und was wir mit einem Kuss verbinden, könne sich im Laufe des Lebens aber verändern.

„Beim Küssen wird das Glückshormon Oxytocin ausgeschüttet. Das löst natürlich oft erst mal gute Gefühle aus und wirkt auch wunderbar gegen Stress“, erklärt Hansen. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er eine Praxis am Hamburger Hauptbahnhof, in der sich alles um Berührungen dreht. Die beiden begleiten unter anderem Paare und arbeiten mit Menschen, denen es schwerfällt, Nähe zuzulassen, auch aufgrund traumatischer Erlebnisse. „Wir arbeiten gemeinsam daran, Grenzen zu setzen, aber auch Bedürfnisse nach Nähe zu erkennen und auszudrücken.“

Vor allem in Beziehungen spiele das Küssen eine große Rolle. Es sei ein geläufiger Ausdruck von Liebe und Zärtlichkeit. Dass das im Laufe einer Beziehung abnehme, sei ein normaler biologischer Prozess. „Wenn man sich verliebt, ist der Körper in einer Art hormonellem Ausnahmezustand. Der kann zwar bis zu zwei Jahren anhalten, aber irgendwann lässt das nach, man gewöhnt sich an den anderen. Während viele Menschen am Anfang einer Beziehung sehr viel Zeit damit verbringen, sich zu küssen, wird das im Laufe der Zeit oft weniger“, sagt Hansen. Diese normale Entwicklung könne aber zu Problemen in Beziehungen führen, wenn Partner unterschiedliche Bedürfnisse nach Nähe haben. „Es ist wichtig, diese Bedürfnisse zu verbalisieren. Man kann sich Dinge, wie zum Beispiel das Küssen, auch wieder aneignen, man kann es auch nach vielen gemeinsamen Jahren wieder lernen. “

Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, Grenzen zu respektieren. „Besonders in der Kindeserziehung wird das Thema Grenzen beim Küssen leider oft missachtet. Da heißt es schnell ‘Gib der Oma doch mal einen Kuss’ ohne zu fragen, ob das Kind das überhaupt möchte“, erläutert Hansen. So falle es vielen Menschen auch im Erwachsenenalter noch schwer, ihre eigenen Grenzen zu kennen. „Gerade, weil Grenzen setzen für viele so ein schwieriges Thema ist, lohnt es sich meiner Meinung nach immer vor einem Kuss um Erlaubnis zu fragen. Lieber einmal mehr als zu wenig.“ Auch in langjährigen Partnerschaften sei es wertvoll, sich zu vergewissern, dass ein Kuss auch im Sinne des Gegenübers ist. „Wenn man jemanden gerne küssen möchte, kann man das auch sagen, bevor man es einfach tut. Das kann für beide Personen Sicherheit schaffen und macht den Kuss nur noch besser.“