UK 8/2016 Berufswege (Seite 16: „Vom Laufsteg auf die Kanzel“)
Immer wieder werden in UK Pfarrer und andere theologische Persönlichkeiten gewürdigt, meist dann, wenn sie ihr kirchenamtliches Curriculum vollendet haben. Das ist gut und richtig. Es gibt auch andere, deren Weg nicht so theologisch gerade, aber schließlich doch auf der Kanzel mündet… Dies war bei mir der Fall.
Kurzschrift war Motor meines Lebens: Ich habe sie als 13-Jähriger (in einem bayerischen Gymnasium!) erlernt, als jugendlicher Wettschreiber (bis zu 300 Silben pro Minute) erprobt, als 21-jähriger Erlanger Lehramtsstudent in der Staatlichen Prüfung für Lehrer der Kurzschrift theoretisch vertieft, in weit über 200 Fachbeiträgen in stenographischen Fachzeitschriften (ab 1954) ausgebaut und als nebenamtlicher Dozent in Fachlehrerbildungsstätten (bis 1989) weitergegeben.
Kurzschrift hat mir sowohl im Studium als auch im Lehramt (Gymnasium) wie auch jetzt im (ehrenamtlichen) kirchlichen Dienst treu gedient im Sinne der Fixierung des Wortes mit wachem Geist und geflügeltem Stift.
Außerdem konnte ich das Universitätsstudium fürs Höhere Lehramt mit dem Erlös des erteilten Kurzschriftunterrichts finanzieren. Und schnell stellte sich heraus, wie hilfreich gute Kurzschriftkenntnisse selbst für die Erschließung grammatischer Strukturen von Sprache sind, denn stenographisch kürzen lässt sich nur, was sich vom Sprachsystem her gut ergänzen lässt.
Während der Jahrzehnte meines Dienstes am Gymnasium (1959 bis 1997) wären die innerdienstlichen Aufgaben ohne Kurzschrift kaum zu bewältigen gewesen: von Notizen über Leistung und Verhalten von Schülern, über Aufzeichnungen anlässlich von Elterngesprächen und Klassenkonferenzen bis hin zu Entwürfen für Fach- und Gesamtkonferenzen. Von wissenschaftlicher Arbeit für die Vorbereitung von Buchveröffentlichungen ganz zu schweigen.
Während meines Vollstudiums der evangelischen Theologie (2005 Mag. Theol., 2009 Dr. theol) sah sich meine Kurzschrift in heftiger Konkurrenz mit der Benutzung von digitalem Gerät durch die bald 50 Jahre jüngeren Kommilitonen. Doch während diese noch mit dem Eintippen wichtiger Dozentenäußerungen beschäftigt waren, schaute ich bereits wieder munter auf und konnte auf die nächsten Aussagen achten. Abermals erwies sich die Kurzschrift als Motor meines Lebens.
Dr. Dieter Burkert, Dortmund
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