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Kultusminister Clemens will Unterrichtsausfall halbieren

Mit temporären Regelungen will Sachsen den Unterrichtsausfall an Schulen spürbar reduzieren und damit für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Ein Maßnahmenpaket sieht unter anderem die personelle Verstärkung an Oberschulen vor. Sachsens Kultusminister Conrad Clemens (CDU) will in den nächsten Jahren den Stundenausfall halbieren. Schon im Herbst erwartet er einen positiven Effekt, wie Clemens am Dienstag in Dresden betonte.

Dazu sollen unter anderem mehr Grundschul- sowie Gymnasiallehrkräfte an Oberschulen eingesetzt werden. Vor allem der ländliche Raum müsse gestärkt werden. Zu viele Bewerberinnen und Bewerber würden sich Beschäftigungen an Schulen in Städten wünschen. Bei Einstellungsgesprächen werde daher „um jeden Kilometer verhandelt“, um Lehrkräfte aufs Land zu bringen. „Wir müssen stringenter werden“, sagte Clemens.

Die Unterrichtsabdeckung in Sachsen liegt in einigen Regionen bei nur 70 Prozent. Im ersten Schulhalbjahr 2024/2025 fielen laut Kultusministerium 9,4 Prozent der Gesamtstunden aus und damit 0,6 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Aktuell fehlen sachsenweit mindestens 1.400 Vollzeitlehrkräfte.

Die sächsischen Maßnahmen sind bis zum 31. Juli 2030 befristet. Dies gehe mit der demografischen Entwicklung einher. „In wenigen Jahren werden wir keinen Lehrermangel mehr haben“, sagte der Minister. Schon im nächsten Schuljahr gebe es rund 2.500 Grundschülerinnen und Grundschüler weniger.

Mit dem neuen Maßnahmenkatalog werden Altersermäßigungen verschoben, um mehr Kapazitäten für den Unterricht zu haben. Damit sind in den nächsten fünf Jahren vor dem 63. Lebensjahr nur zwei Anrechnungsstunden möglich: eine ab 60 und eine weitere ab 62. Danach kann eine dritte Stunde ab dem 64. und eine weitere ab dem 66. Lebensjahr reduziert werden. Bisher war es möglich, schon ab einem Alter von 58 Jahren schrittweise weniger Stunden zu unterrichten.

In einem ersten Entwurf waren keinerlei Reduzierungen bis zum 63. Lebensjahr vorgesehen. Dagegen gab es Proteste, unter anderem von Gewerkschaften. „Die Maßnahmen sind nicht populär, aber absolut notwendig“, sagte der Minister.

Alle Tätigkeiten, die nicht unmittelbar dem Unterricht dienen, werden reduziert oder gestrichen. Das betrifft unter anderem die Arbeit der Fachberaterinnen und Fachberater, die demnach auf vier statt bisher sechs Wochenunterrichtsstunden begrenzt wird. Für Januar 2030 kündigte Clemens eine Evaluation der Maßnahmen an.

An öffentlichen Schulen in Sachsen lernen derzeit rund 450.000 junge Menschen. Sie werden von 34.000 Lehrkräften und Assistenzkräften betreut. Der Freistaat hatte in der Vergangenheit bereits Maßnahmen ergriffen, etwa die Verbeamtung von Lehrkräften, die Verstärkung von Assistenzkräften und die Erhöhung von Studienplatzzahlen.

Die Landtagsfraktionen von Linken und Grünen kritisieren die neuen Maßnahmen als „inakzeptable Mehrbelastungen“ und „bildungspolitisches Experiment mit ungewissem Ausgang“. Die Bildungsgewerkschaft GEW Sachsen warf dem Kultusminister „Ignoranz in der Diskussion um Bildungsqualität und Unterrichtsabsicherung“ vor. Nach Anhörungen und Beratungen war das Paket in wenigen Punkten entschärft worden.