Sie erlebten die Verbrechen der Nazis am eigenen Leib: Überlebende der Konzentrationslager. Nun wurde an die Befreiung von Buchenwald erinnert. Claudia Roth erwähnt dabei auch die aktuelle Debatte um eine abgesagte Rede.
Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) das Engagement von Zeitzeugen gewürdigt. Einige der letzten Überlebenden seien für die Gedenkfeier am Sonntag nach Buchenwald und Mittelbau-Dora zurückgekehrt, sagte Roth. “Für ihre Größe und Kraft, das Gedenken gemeinsam mit uns zu begehen und ihre Erinnerungen mit uns zu teilen, bin ich ihnen unendlich dankbar.”
Dem unermüdlichen und schonungslosen Einsatz der Zeitzeugen sei es zu verdanken, “dass wir aus unserer Geschichte lernen, uns unserer Verantwortung stellen und unsere Demokratie bewahren und verteidigen können – im Sinne eines kraftvollen Erinnerns für die Zukunft”, so Roth.
Am 11. April 1945 befreiten US-amerikanische Soldaten überlebende Häftlinge in Buchenwald und seinen Außenlagern. Mehr als 56.000 Menschen starben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. In einer eigens errichteten Tötungsanlage wurden mehr als 8.000 sowjetische Kriegsgefangene erschossen.
Roth würdigte die Arbeit der Gedenkstätten. Diese sei unentbehrlich, um die Erinnerung an die von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen wachzuhalten und den Opfern so ihre Individualität und Würde zurückzugeben.
Gedenkstätten müssten frei arbeiten können, “ohne Bedrängung durch staatliche Institutionen oder gesellschaftliche Gruppen”. Das bedeute, dass Gedenkstätten auch ihre Gesprächspartner frei wählen können müssten. Damit spielte Roth auf die aktuelle Debatte über eine abgesagte Rede des deutsch-israelischen Philosophen Omri Boehm in der Gedenkstätte Buchenwald an.
Zum Jahrestag der Befreiung hätte Boehm auf der zentralen Gedenkveranstaltung in Weimar sprechen sollen. Die Einladung wurde jedoch aufgrund eines sich abzeichnenden Konflikts mit der israelischen Regierung zurückgezogen. Der in New York lehrende Boehm vertritt eine kritische Haltung zur Regierung Israels und zur dortigen Gedenkkultur. Zu dem Vorgang äußern wollte er sich laut Medienberichten nicht.
Der Leiter der Gedenkstätte, Jens-Christian Wagner, machte die israelische Regierung für die Absage verantwortlich. “Einem Enkel einer Holocaust-Überlebenden das Wort zu versagen, das ist wirklich das Schlimmste, was ich in 25 Jahren Gedenkstättenarbeit erlebt habe”, sagte er dem Sender radio3. Ein Sprecher der israelischen Botschaft hatte dem “Spiegel” zuvor gesagt: Die Entscheidung, einen Mann einzuladen, der Yad Vashem als Instrument politischer Manipulation bezeichne und den Holocaust relativiere, sei “eine eklatante Beleidigung des Gedenkens an die Opfer”.