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Kriminologe: Bei Messerangriffen gibt es keine gute Datenlage

Der Kriminologe Martin Thüne warnt vor Aktionismus nach dem mutmaßlich islamistischen Messerangriff von Solingen. Die jetzt diskutierten Messerverbote im öffentlichen Raum und Messerverbotszonen in Städten sehe er ambivalent, sagte der Professor für Kriminologie der „tageszeitung“ (taz/Freitag). Er könne verstehen, dass die Politik etwas gegen Messerkriminalität machen müsse: „Zugleich sind diese Maßnahmen kurzfristig und eher aktionistisch.“

Verbote würden keine Antwort auf die eigentlich relevanten Fragen geben: „Warum bewaffnen sich manche Menschen mit Messern und setzen sie ein? Warum tun andere genau das nicht?“ Messerverbotszonen hätten einen kurzfristigen, aber eher keinen nachhaltigen Einfluss auf das Kriminalitätsgeschehen: „Speziell ideologisch motivierten Tätern dürfte es kaum darauf ankommen, was im Waffenrecht steht und ob man sich in einer Waffenverbotszone befindet.“

Unter Verweis auf eine Studie von 2021 sagte Thüne, dass das Risiko gering sei, zufällig im öffentlichen Raum Opfer eines Messerangriffs zu werden. Trotzdem häuften sich Hinweise auf eine Zunahme. „Allerdings nicht so exorbitant, wie es öffentlich vermittelt wird“, sagte der Kriminologe, der unter anderem an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung Schleswig-Holstein lehrt.

Bei Messerangriffen gebe es zudem „leider keine gute, überregionale Datenlage“. Er würde sich einen nüchternen und faktenbasierten Umgang damit wünschen, sagte Thüne: „Das bedeutet nicht, Probleme, Dinge wegzureden, sondern zu erforschen: Was sind Maßnahmen, die wirklich etwas bringen.“